Sicheres Stadionerlebnis
Ein Jahr nach ihrem Konzept zieht die Deutsche Fußball Liga eine positive Bilanz
Es ist gerade einmal ein Jahr her, da bestimmten Meldungen über »Fanrandale« und »Pyro-Chaoten« die Schlagzeilen. Der deutsche Fußball hatte eine Sicherheitsdebatte zu meistern, bei der er das Heft des Handelns zu verlieren drohte. Ruhe kehrte erst ein, als die Vertreter der 36 Profiklubs ein Papier mit dem programmatischen Titel »Sicheres Stadionerlebnis« verabschiedeten.
Knapp ein Jahr später lud die Deutsche Fußball Liga erneut nach Frankfurt am Main. Und das offenbar aus drei Gründen: Zum einen um über die aktuelle Sicherheitslage zu informieren. Zum anderen, um das Signal an die Politik auszusenden, dass der Fußball - zumindest in den eigenen Stadien - Herr der Lage ist. Und zum dritten, um einen Generalverdacht zu zerstreuen, den anno 2012 Fanvertreter aus allen Landesteilen geäußert hatten: Den, dass dem Verband eigentlich nicht an einem aufrichtigen Dialog mit den Fans gelegen sei.
Geschäftsführer Andreas Rettig lobte dann auch ausführlich die Fortschritte in der Gesprächskultur (»nichts für die Galerie«), die sich im vergangenen Jahr verstetigt hätten. Der Dialog zwischen Vereins-, Verbands- und Fanvertretern finde auf mehreren Ebenen und unabhängig von der jeweiligen Wochenendkonjunktur (»egal, ob ein Bengalo mehr oder weniger«) statt. Und dabei gebe es durchaus wechselseitige Lernerfolge. Auch nach dem nächsten Fankongress, der im Januar in Berlin stattfinden wird, soll bei vier Regionalkonferenzen weiter debattiert werden. Außerdem beteilige sich die DFL mittlerweile mit drei statt wie bisher mit 1,6 Millionen Euro an der Finanzierung der Fanprojekte und stelle 500 000 Euro zur Verfügung, um beispielsweise Programme gegen Rechtsextremismus zu fördern.
Allerdings sind auch die Vereine nach wie vor nicht glücklich damit, dass immer wieder Pyrotechnik gezündet wird. Andererseits ist man im Gegensatz zu manchem Journalisten offenbar durchaus bereit, zwischen Zündeleien und physischer Fangewalt zu unterscheiden. In diesem Bereich hat selbst die Statistik der ZIS (Zentrale Informationsstelle Sportgewalt) einen Rückgang dokumentiert. Und diese Zahlen decken sich offenbar auch mit dem subjektiven Sicherheitsempfinden der Fans. Rettig zitierte eine selbst in Auftrag gegebene Studie, wonach 96 Prozent der Stadionbesucher mit der Sicherheitslage zufrieden seien, aber nur 68 Prozent der anderen Fußballinteressierten die Stadien für sicher halten. Das dürfte das gleiche Phänomen wie in Pflegeheimen sein, in denen Senioren, die seit Jahren das Haus nicht verlassen haben aber viel fernschauen, dem Spätdienst raten, sich zu bewaffnen, weil die Welt draußen so gefährlich geworden sei.
Dass das für den Alltag in den Stadien nicht zutrifft, ist dabei ebenso wahr wie die Tatsache, dass es auch in der laufenden Saison vor allem bei Derbys immer wieder zu Gewalttaten auf den An- und Abreisewegen gekommen ist. Rettig berichtete vom niedersächsischen Derby zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig, bei dem mehrere Reihen vermummter Fans die Polizisten mit Pyrotechnik beschossen und Braunschweiger Fans den Eingangsbereich zum Gästeblock gestürmt hätten. »Diese Vögel werden wir nicht erreichen. Da sind wir überfordert und bleiben auf Hilfe Dritter angewiesen«, betonte Rettig, der erneut durchblicken ließ, dass politische Unterstützung erwünscht sei, sofern »populistische Forderungen« wie die nach einer Abschaffung der Stehplätze unterblieben. Auch der jüngsten Forderung der Bremer SPD, die Kosten von etwa zwei Millionen Euro für Polizeieinsätze in der Hansestadt sollten künftig vom Fußball getragen werden, erteilte Rettig ebenso wie DFL-Präsident Reiner Rauball (»populistischer Dauerbrenner«) eine klare Absage.
Auffallend hymnisch lobte Rettig dann auch noch den derzeitigen Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Boris Pistorius (SPD). Der verzichte auf Populismus, überzeuge dafür durch »Sachkompetenz« und unterscheide sich damit sehr wohltuend von den »Krakeelern« und »Scharfmachern«, die Rettig in der Zunft der Innenminister offenbar auch ausgemacht hat, deren Namen er aber bedauerlicherweise nicht nannte.
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