Jobcenter-Mitarbeiter gegen Befragung

Personalräte befürchten Stellenabbau

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.
Eine Erhebung soll demnächst die Personalausstattung in den Jobcentern flächendeckend erfassen. Doch die Mitarbeiter wehren sich.

Noch bis Donnerstag treffen sich in Berlin die Personalräte der Jobcenter aus ganz Deutschland. Dort wird auch darüber diskutiert, wie die Mitarbeiter der Leistungsabteilung mit einer demnächst anstehenden Befragung zur Personalbemessung umgehen sollen. Das vom Bundesarbeitsministerium (BMAS) in Auftrag gegebene Projekt soll Hilfestellung bei der Personalbemessung geben.

»Der entscheidende Grund für die flächendeckende Erhebung von Daten in allen gemeinsamen Einrichtungen sind deren verschiedene organisatorische und sozioökonomische Rahmenbedingungen, die die notwendige Personalkapazität beeinflussen«, heißt es auf der Homepage des Projekts. Dort wird betont, wie wichtig es ist, dass alle Mitarbeiter sich an der Befragung beteiligen, damit eine Arbeit mit den Daten, die Ende 2014 zur Verfügung stehen sollen, möglich ist. Es sollten »empirisch belastbare Resultate mit einem hohen Akzeptanzwert erzielt werden«, heißt es.

Doch genau diese Akzeptanz scheint bei den Mitarbeitern nicht gesichert - im Gegenteil. »Am Anfang war die Euphorie groß. Mittlerweile wird die Befragung kritischer gesehen«, erklärte der Personalratsvorsitzende eines Jobcenters gegenüber »nd«. Die Kritik entzündet sich vor allem an der Beraterfirma Steria Mummert Consulting, die vom BMAS mit der Befragung beauftragt worden ist. So stellen die kritischen Personalräte die Frage, ob man in ein Unternehmen Vertrauen haben kann, dass mit Rüstungsfirmen kooperiert und zu den Anbietern von »Human Capital Management Solutions« gehört, mit denen der europäische Schengenraum vor Flüchtlingen gesichert werden soll.

Die zentrale Kritik bezieht sich aber auf die Beteiligung der Steria Mummert Consulting am Abbau von Jobs bei Befragungsprojekten in der Vergangenheit. Die Personalräte verweisen auf die Kritik des ver.di Bezirks Berlin-Brandenburg an einer von der Firma verantworteten Befragung zur Personalausstattung der Berliner Jugendämter im Jahr 2009. Diese habe zur Ökonomisierung der Arbeitsabläufe und zum Abbau von Personal geführt, so die Gewerkschaft.

In einem Brief an den ver.di-Bundesvorstand mahnen die Personalräte eine Positionierung der Gewerkschaft zur Personalbemessung in den Jobcentern und dem beauftragten Unternehmen an. »Für den Fall, dass die Bundesregierung und das BMAS von den beauftragten Unternehmen nicht Abstand nehmen wird bzw. es vertraglich nicht kann, ist ver.di - ähnlich wie im Bezirk Berlin-Brandenburg - bereit, die Ergebnisse der Untersuchung kritisch durch ein zu beauftragendes alternatives Unternehmen zu begleiten?« lautet eine der Fragen. Bisher haben die Personalräte keine Antwort erhalten. »Auf dem Treffen der Personalräte wird auch die Gewerkschaft unseren Fragen nicht mehr ausweichen können«, gibt sich aber einer der Kritiker überzeugt.

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