Ein wirklich unglaubliches Jahr
Die Leser wählen Steffi Nerius zur Trainerin des Jahres. Erstmals geht ein nd-Preis an den Behindertensport
nd: Herzlichen Glückwunsch, Frau Nerius: Die Leser der Tageszeitung »neues deutschland« haben Sie zur »Trainerin des Jahres 2013« gekürt!
Nerius: Vielen Dank, das freut mich sehr. 2013 war wirklich beinahe unglaublich: Ich war bei der WM und sah, wie mein Schützling Markus Rehm als Unterschenkelamputierter 7,95 Meter springt, in eine ganz andere, neue Sphäre! Da war ich als Trainerin sehr stolz. So einen Weite bei der WM. Da kann unsere Saisonplanung ja nicht so schlecht gewesen sein!
Unsere Ehrung kommt in einem auch für Sie ganz besonderen Jahr?
Auf jeden Fall. Denn ich hatte ja auch noch Mathias Mester, der ist Weltmeister geworden im Speerwurf. Und das ist auch noch einmal etwas besonderes, wenn es die Disziplin ist, die man selbst betrieben hat. Zumal Mathias viel Verletzungspech hatte. Ein Bandscheibenvorfall vor drei Jahren, dann eine Operation, dann vor zwei Jahren den nächsten Bandscheibenvorfall. Das hat ihn permanent zurückgeworfen. Dass er sich jetzt mit dem Weltmeistertitel belohnt hat, ist ganz besonders schön.
Sportlerin des Jahres
1. Kristina Vogel 29,02 % Chemnitz, Bahnradsport
2. Christina Obergföll 23,11 Offenburg, Leichtathletik
3. Andrea Eskau 19,67 Magdeburg, Ski & Handbike
Sportler des Jahres
1. Robert Harting 30,60 Berlin, Leichtathletik
2. Eric Frenzel 22,41 Oberwiesenthal, Ski nordisch
3. David Storl 12,21 Chemnitz, Leichtathletik
Mannschaft des Jahres
1. Nationalteam Frauen 16,44 Fußball
2. Thüringer HC 14,93 Handball
3. Hausding/Klein 10,40 Berlin/Riesa, Wasserspringen
Trainerin des Jahres
1. Steffi Nerius 27,17 Leichtathletik, Leichtathletik
2. Silvia Neid 17,68 Fußball, Bundestrainerin
3. Jupp Heynckes 16,69 Fußball, FC Bayern München
Gibt es große Unterschiede im Training von Top-Sportlern und Top-Behindertensportlern?
Nein. Der Aufwand ist in etwa gleich. Von den Trainingsinhalten versucht man tatsächlich, sich an den Nichtbehinderten zu orientieren.
Was ist mit der Regeneration?
Nun, wenn Markus Rehm mit seiner Unterschenkelprothese jeden Tag zweimal trainieren würde, würde der Stumpf so eine Belastung wohl gar nicht aushalten. Das muss man natürlich berücksichtigen.
Sie trainieren seit 2002 behinderte Athleten, damals waren Sie selbst noch eine Weltklasse-Speerwerferin. 2009 sind Sie dann als Weltmeisterin von Berlin abgetreten. Wie sehr fehlt Ihnen denn der »große Sport«?
Dadurch, dass ich hier jeden Tag in der Leverkusener Trainingshalle bin, kriege ich auch mit, wie die anderen sich entwickeln. Ich bin gefühlt also noch mitten drin im Geschehen. Ich werde bei der Rückschau auch keine Sekunde melancholisch. Ich fand es einfach sensationell, was ich für eine Karriere hatte. Und dann auf diese Art aufzuhören: Weltmeisterin und Sportler des Jahres, so etwas wünschen sich doch eigentlich alle!
Wie ist denn das Pensum Ihrer Trainingsgruppe zwischen Weihnachten und Neujahr?
Wir haben unsere Europameisterschaften erst Ende August, wir können uns eine etwas entspanntere Weihnachtszeit erlauben. Natürlich bewegen sich die Athleten auch dieser Tage, aber es ist schon eher eine ruhige Phase. Die harte Arbeit kommt noch.
Ist der Behindertensport Ihre Zukunftsvision?
Die letzten elf Jahre haben riesigen Spaß gemacht, ich möchte die Zeit keinesfalls missen. Andererseits möchte ich nicht mit 60 noch in der Halle stehen und Training geben. Insofern bin ich da auch offen für andere Sachen. Mal gucken!
Was war denn Ihr sportliches Highlight in diesem Jahr, mal abseits von den Weltmeisterschaften, bei denen Ihre Athleten starteten?
Puh, gar nicht so leicht: Ich habe natürlich die Leichtathletik-WM verfolgt, das war ein super Abschneiden für den Verband mit tollen Erfolgen der Athleten. Dadurch, dass ich im Gutachterausschuss bei der Sporthilfe sitze und eigentlich jeder Verband da vorspricht, verfolge ich mittlerweile fast alle Verbände. Ich freue mich jetzt noch mehr, wenn die deutschen Skifahrer erfolgreich sind, oder die Kanuten - Weil ich jetzt immer Namen damit verbinden kann: Ach, das ist ja der und der. Und den haben wir letztens ja auch schon mal gesprochen. Es ist sehr spannend, da einen tieferen Einblick zu bekommen.
Was machen Sie im Gutachterausschuss der Deutschen Sporthilfe?
Wir sind sieben ehemalige Leistungssportler, die zusammensitzen. Jeder Verband kommt bei uns einmal im Jahr vorbei, und dann wird der Etat durchgesprochen, was geplant ist, was es für Probleme gibt, wer im A- oder im B-Kader ist, wer in der Eliteförderung - dafür gibt es ein großes Konzept Rio 2016 bei der Sporthilfestiftung. Da gibt es immer genug Dinge, die zu besprechen sind. Manchmal treffen wir dann tatsächlich auch Grundsatzentscheidungen - als neutrales Gremium. Als ich gefragt wurde, ob ich die Aufgabe übernehmen würde, war es natürlich eine Ehre für mich. Es ist jedes Mal sehr spannend, und ich freue mich jeden Monat auf die Zusammenkunft in Frankfurt am Main.
Könnten Sie sich vorstellen, da noch mehr Verantwortung zu übernehmen? Wär eine Funktionärslaufbahn für Sie denkbar?
Ja, das würde ich nicht ausschließen.
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