Spanien verlässt den Rettungsschirm

Ministerpräsident Rajoy verspricht zum Jahreswechsel wirtschaftliche Erholung und Jobs

  • Ralf Streck, Madrid
  • Lesedauer: 3 Min.
Spanien will keine EU-Bankenrettungsgelder mehr beantragen. Die Regierung hofft auf einen Aufschwung aus eigener Kraft.

Nachdem Irland am 15. Dezember den europäischen Rettungsschirm zugeklappt hat, folgt am 23. Januar Spanien. Anders als Irland wurde Spanien nicht gezwungen, für die Rettung seiner Banken als Staat unter den Rettungsschirm zu schlüpfen. Deshalb fielen die Auflagen der EU für Spanien wesentlich weniger hart aus.

Spanien hat 41,3 Milliarden der bereitgestellten 100 Milliarden Euro aus dem Programm zur Bankenrettung abgerufen. Da die Zinsen für seine Staatsanleihen wieder gesunken sind, geht die Regierung von Premier Mariano Rajoy davon aus, sich Geld für mögliche weitere Bankenrettungen zu bezahlbaren Zinsen an den Finanzmärkten besorgen zu können. Der Risikoaufschlag gegenüber zehnjährigen Bundesanleihen lag am Montag bei 230 Basispunkten, womit Spanien eine Rendite von etwa 4,2 Prozent bieten muss.

Rajoy meint deshalb, Spanien benötige keine weitere Unterstützung mehr. Im Jahresresümee sagte er am vergangenen Freitag: »Niemand spricht noch von einer Spanien-Rettung.« Er versprach seinen Landsleuten zudem eine wirtschaftliche Erholung. Seine Einschätzung: »Das Schlimmste liegt hinter uns.« Doch dafür erntet er harte Kritik. Der sozialistische Oppositionsführer Alfredo Pérez Rubalcaba erinnert ihn daran, dass Spanien »längst gerettet wurde«. Der Chef der Vereinten Linken (IU), Cayo Lara, hält Rajoy entgegen, dass nur für »Banker, Spekulanten und Steuerbetrüger das Schlimmste vorbei« sei. Die Auflagen, die für die Bankenrettung erfüllt werden mussten, hätten die Bevölkerung »ärmer und rechtloser« gemacht. Sogar die Tageszeitung »El Mundo«, die der Regierung nahesteht, wirft Rajoy »Triumphalismus« vor, der einer anderen »sozialen Realität« gegenüberstehe.

Die Bevölkerung sieht kein Licht am Ende des Tunnels. Steuern und Abgaben steigen, Sozialausgaben werden gekürzt. Die Zahl der Arbeitslosen war nach einer Erholung im Sommer zuletzt wieder deutlich gestiegen. Fast sechs Millionen Spanier sind ohne Job - die Quote liegt bei fast 27 Prozent. Und die Erwerbstätigkeit sinkt weiter, obwohl die Arbeitslosenzahl im November um knapp 2500 gefallen sein soll. Die Sozialversicherung verlor aber fast 70 000 Beitragszahler, faktisch werden weiter Jobs vernichtet. Doch immer weniger Arbeitslose melden sich bei den Ämtern, da sie keine Ansprüche mehr haben oder auswandern.

An der Realität kommt auch Rajoy nicht vorbei. Er versprach deshalb, dass es in zwölf Monaten »weniger Arbeitslose geben« und die Zahl der Sozialversicherten »deutlich steigen« werde. Das ist dringend nötig, denn innerhalb eines Jahres verloren die Sozialkassen fast 400 000 Beitragszahler. Von den 47 Millionen Spaniern zahlen nur noch gut 16 Millionen ein. Die Kassen sind defizitär, die Regierung musste in zwei Jahren fast 24 Milliarden Euro aus der Reserve schöpfen, um die Renten bezahlen zu können, die ohnehin praktisch eingefroren sind.

Dass spanische Banken neue Milliarden benötigen, ist nicht ausgeschlossen, denn deren Lage ist alles andere als rosig. Die Kreditausfälle haben mit 13 Prozent einen Rekordwert erreicht und reißen neue Löcher. Auch der Internationale Währungsfonds meint, spanische Banken blieben weiter unter Druck. Sollte ein neuer Krisenherd entstehen oder die Europäische Zentralbank die Politik des billigen Geldes irgendwann einschränken, kann die Lage für Spanien wie auch für Irland schnell wieder bedrohlich werden. Die Bankenrettung hat die Staatsverschuldung in Spanien auf knapp 100 Prozent der Wirtschaftsleistung anschwellen lassen; in Irland sogar auf fast 130 Prozent. Beide Länder sind deshalb bei steigenden Zinsen noch anfälliger als vor ihrer angeblichen Rettung.

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