Zu Hause produziert es sich doch nicht so schlecht
Dänische Untersuchung zu Standortvorteilen im Ausland und im Heimatland veröffentlicht
Die Deindustrialisierung durch die Arbeitsplatzverlagerung nach Osteuropa und Asien stellt eine Bedrohung des Standortes Dänemark dar. Während die Verluste für die Gesellschaft durch fehlende Arbeitsplätze und Steuereinnahmen schnell ins Auge fallen, sind die Auswirkungen auf die Unternehmen, die Outsourcing als Lösung ihrer Standortprobleme sehen, individuell und wenig verallgemeinert. Deshalb befragte der Wissenschaftler Jan Stentoft Arlbjørn von der Süddänischen Universität eine Reihe Firmen nach ihren Erfahrungen. Auf der Grundlage von 843 Rückmeldungen konnte er ein repräsentatives Bild erarbeiten, wie die Produktion in fremden Märkten die Muttergesellschaften beeinflusst.
Die Untersuchung zeichnet ein Bild, in dem Großunternehmen am ehesten von Outsourcing profitieren. Dies liegt in den größeren finanziellen und menschlichen Ressourcen, die diese in die Produktionsverlagerung investieren können. Zudem produzieren sie oft in sehr großen Stückzahlen, so dass hier die Lohnunterschiede besonders deutlich zu Buche schlagen.
Weniger positiv sind die Erfahrungen kleiner und mittlerer Unternehmen. Kostenreduzierung ist in der Regel auch ihre Treibkraft, doch mussten sehr viele von ihnen erkennen, dass die langfristigen Gewinne nicht im Verhältnis stehen zu den ursprünglichen Erwartungen.
Hier spielen eine Reihe Faktoren eine Rolle. Die Probleme beginnen oft bereits in der Vorbereitungsphase, in der diese Unternehmensgruppe die umfangreiche Arbeit des Outsourcens mit nur wenigen Mitarbeitern bewältigen müssen. Vor Ort spielen Sprachprobleme und Unterschiede in der Arbeitskultur eine große Rolle. Zudem ist der Verwaltungsgang ausländischer Behörden weitaus schwieriger zu durchschauen als von zu Hause her gewohnt. Zollprozeduren und -kosten sowie lange Lieferzeiten kommen hinzu und teilweise entspricht die gelieferte Qualität nicht den Normen des Heimatmarktes. Fast ein Vierteil dieser Unternehmen hat in den vergangenen Jahren deshalb die Produktion wieder zurückgenommen nach Dänemark und erlebte verbesserte Qualität, größere Flexibilität in Produktion und Lieferung und in Folge steigenden Umsatzes eine Erhöhung des Mitarbeiterstabes. Großunternehmen, also solche mit über 100 Beschäftigten, können zurückgenommene Produktion oftmals mit bereits vorhandenen Ressourcen übernehmen.
Für alle Firmen gilt, dass steigende Lohnkosten beispielsweise in China die Produktionsverlagerung weniger attraktiv gemacht hat. Längere Lieferzeiten führen oftmals zum Aufbau umfangreicher Lagerbestände, deren Wert die gesparten Lohnkosten oftmals übersteigt und damit zunichte macht.
Trotz des leichten Trends zur Rückverlagerung und den Nachteilen des Outsourcens werden die meisten Arbeitsplätze dänischer Unternehmen vorläufig weiterhin im billigeren Ausland geschaffen. Als Grund geben die befragten Unternehmen das hohe Steuerniveau und bürokratische Regeln an. Bei Kleinunternehmen kommt oft hinzu, dass es schwierig ist für sie, Kredite für die Produktionserweiterung und den Maschinenkauf zu bekommen. Soll Dänemark als Industriestandort erhalten bleiben, so der Tenor der Antworten, ist die Politik gefordert, die Rahmenbedingungen der Unternehmen zu verbessern, damit heimische Arbeitsplätze erhalten bleiben.
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