Linke warnen: EU-Ablehnung darf nicht Rechten nutzen
Gabi Zimmer: Parteitag muss europäische Antwort geben / Sahra Wagenknecht: Austritt aus Nato-Militärstruktur nichts Sensationelles
Berlin. In der Diskussion über den Europakurs der Linkspartei hat Fraktionsvize Sahra Wagenknecht erklärt, »wir müssen verhindern, dass die berechtigte Ablehnung, die viele Menschen den Brüsseler Institutionen entgegenbringen, von reaktionären und rechtspopulistischen Parteien ausgenutzt wird«. Diese Gefahr sei sehr groß, sagte die Bundestagsabgeordnete der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. Sie verwies auf Frankreich, wo die Rechte einen enormen Aufschwung erlebt hat.
Ähnlich äußerte sich die designierte Spitzenkandidatin zur Europawahl, Gabi Zimmer. In der »Mitteldeutschen Zeitung« warnte die Vorsitzende der linken Europafraktion GUE/NGL, »Rechtspopulismus und Rechtsextremismus gewinnen zunehmend an Einfluss«. Sie verwies auf Forderungen, die »selbst Rechte wie die Selbstbestimmung von Frauen über ihren eigenen Körper in Frage« stellen oder die ständigen rassistischen Provokationen. »Ich bin sicher, dass die Linke auf ihrem Parteitag im Februar zu diesen und anderen Auseinandersetzungen eine europäische Antwort geben wird«, sagte Zimmer.
Wie weiter in Europa? Und welchen Weg wählt die Linkspartei?
Der Überblick zur Diskussion über das Wahlprogramm - hier
Die Linkspartei will auf einem Parteitag am Mitte Februar über ihre Europawahlprogramm sowie über die Kandidatenliste entscheiden. Es liegt bereit neben dem Entwurf des Vorstandes ein Vorschlag des niedersächsischen Bundestagsabgeordneten Diether Dehm vor, auch sind zahlreiche Änderungsanträge eingereicht oder angekündigt. Kontroversen gibt es unter anderem um die grundlegende Bewertung der Europäischen Union und über die politischen Möglichkeiten, linke Veränderungen in dem Institutionengefüge durchzusetzen.
»Natürlich sehe auch ich, dass die marktradikale Politik der letzten Jahre die positiven Effekte der europäischen Integration bedroht«, sagte Zimmer. Genau deshalb werde ihre Partei aber auch um eine andere Ausrichtung der Europäischen Union kämpfen. Sie »erwarte vom Europawahlprogramm, dass die Linke Alternativen aufzeigt, um die EU zu einer solidarischen Union umzubauen. Die Antwort auf von uns kritisierte Entwicklungen in der EU liegt nicht im Rückzug in den Nationalstaat«, so Zimmer. »Die Linken haben sich in ihrer Geschichte immer als Internationalisten verstanden.«
Wagenknecht verteidigte in der »Neuen Osnabrücker Zeitung« laut Vorabmeldung im Grundsatz den Entwurf des Parteivorstandes, in dem die EU als »neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht« bezeichnet wird. Sie wies zudem Überlegungen zurück, in das Europawahlprogramm eine andere Forderung zur linken Nato-Politik zu schreiben als im Grundsatzprogramm der Linken verankert sei.
»Merkwürdigerweise«, so Wagenknecht, würde jetzt auch die Forderung nach dem Austritt Deutschlands aus den militärischen Strukturen der Nato kritisiert. Ihre Partei sei aber eine, die Kriege ablehne - »und natürlich wollen wir dann auch nicht, dass Deutschland faktisch gezwungen wird, die von den USA geführten Angriffskriege mitzumachen«, so die stellvertretende Parteivorsitzende. Der Austritt aus den militärischen Strukturen der Nato sei auch nichts Sensationelles, »Frankreich etwa war von 1966 bis 2009 draußen.«
Zuvor hatte Fraktionschef Gregor Gysi die Forderung nach einem solchen Austritt aus den militärischen Strukturen der Nato kritisiert. »Das ist mir zu national gedacht. Das hieße ja, die Nato bleibt wie sie ist, nur Deutschland nimmt nicht mehr daran teil.« Gysi hatte sich stattdessen dafür ausgesprochen, die Auflösung der Nato und die Gründung eines neuen Systems für Sicherheit und Zusammenarbeit zu fordern. Diese Frage ist in der Linkspartei schon seit längerem umstritten. nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.