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Revolte der Rektoren

Wissenschaft und Wirtschaft gegen NRW-Hochschulgesetz

  • Marcus Meier, Köln
  • Lesedauer: 3 Min.

Einen solch massiven und flächendeckenden Aufstand haben Nordrhein-Westfalens Hochschulen wohl noch nie erlebt. Der Anlass: Ein geplantes Hochschulgesetz, das etwas mehr Transparenz und gesellschaftliche Verantwortung zum Ziel hat.

Schrill ist der Ton, unzart sind die Mittel. Das Hochschulzukunftsgesetz, das Ende des Jahres in Kraft treten soll, sei planwirtschaftlich, überflüssig, gefährde die Freiheit der Wissenschaft. Zudem habe sich dessen Vorläufer, das FDP-liberale Hochschulfreiheitsgesetz von 2006, bewährt - so tönt etwa Axel Freimuth, Rektor der Universität zu Köln.

Gewiss, die Linksfraktion im Rat der Stadt Köln wirft der lokalen Hochschule vor, Kriegsforschung zu betreiben, dafür Forschungsgelder außerhalb des eigentlichen Etats - sogenannte Drittmittel - einzustreichen und dabei keinerlei Transparenz walten zu lassen. Studentische Initiativen kritisieren: Konzerne wie Bayer und die Deutsche Bank hätten nach dem wirtschaftsliberalen Freiheits-Gesetz massiven und unguten Einfluss auch auf die Kölner Universität. NRW-Hochschulen sollen seit der gelben Reform unternehmerisch geführt werden, worunter Studien- wie Arbeitsbedingungen und gesellschaftliche Verantwortung litten, wie die Bildungsgewerkschaft GEW moniert.

Doch Kölns Uni-Chef Freimuth, zugleich Vize-Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz, wettert lieber gegen NRW-Forschungsministerin Svenja Schulze (SPD): Das Land wolle »aufgrund von politischen Vorstellungen« künftig in die Forschung eingreifen und Schulze schaffe sich dem mit dem geplanten Zukunfts-Gesetz dafür eine Rechtsgrundlage.

Fakt ist: Der Gesetzentwurf fordert mehr Transparenz über die Verwendung staatlicher Gelder und Drittmittel von Industrie und Stiftungen, die rund drei Prozent der Etats ausmachen. Wo gehen die staatlichen Milliarden hin, wo kommen die privaten Millionen her? Zudem will das Land mit Ziel- und Leistungsvereinbarungen bestimmte Ziele sicherstellen, zum Beispiel die Qualität der Lehre erhöhen und die Zahl der Studienabbrecher senken.

Ein Stück weit wendet sich die geplante Reform auch gegen militärische Auftragsforschung - die Hochschulen werden zu »friedlichen Zielen« verpflichtet; allerdings ist diese »Zivilklausel« arg substanzlos. Ist das schon Planwirtschaft? Und wenn ja: Ist das schlecht? Ende letzter Woche wurde öffentlich, dass sämtliche Hochschulen des Landes die Unterschrift unter die Ziel- und Leistungs-Vereinbarungen verweigern. Die Uni-Spitzen könnten nämlich nicht abschätzen, inwieweit ihre Spielräume eingeschränkt würden.

Wirtschaftsvertreter drohen derweil damit, Gelder abzuziehen und künftig in anderen Bundesländern für ihre Zwecke forschen zu lassen. Die geplante Drittmittel-Transparenz sei ein Schlag gegen die Vertraulichkeit. Nicht weniger als der »Forschungs- und Industriestandort NRW« sei gefährdet, und mit ihm Arbeitsplätze, teilten die Industrie- und Handelskammern mit.

2500 Arbeitsplätze seien bedroht, hieß es am Dienstag auf einer Pressekonferenz der Landesrektorenkonferenz, auf der zudem mit Klagen gedroht wurde. »Ein Hochschulgesetz hat keine Überschriften zu setzen mit gesellschaftlichen Zielen«, wetterte die Vorsitzende der Rektorenkonferenz, Prof. Ursula Gather. Insbesondere eine verbindliche »Zivilklausel« gegen Rüstungsforschung könne es nicht geben. Wegen der Freiheit der Wissenschaft.

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