Korte: Regierung steht in NSA-Affäre nackt da

Linksfraktion kritisiert stockende Verhandlungen über Anti-Spionage-Abkommmen / Grüner Özdemir: Merkel hilflos wie ein Kaninchen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die stockenden Verhandlungen für ein Geheimdienstabkommen mit den USA beschäftigen an diesem Mittwoch auch den Bundestag. Die Linksfraktion hat dazu eine Aktuelle Stunde beantragt. Der Vizevorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte, sagte in der »Mitteldeutschen Zeitung«, sieben Monate nach Beginn des NSA-Skandals stehe »die Bundesregierung völlig nackt da. Absolut nichts von dem Bisschen, was die Regierung überhaupt unternommen und von den USA erbeten hat, war erfolgreich. Noch nicht einmal eine glaubhafte Zusicherung, dass die NSA auf das Abhören von Merkels Handy verzichtet, ließ sich mit der mehr als devoten Linie umsetzen.«

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sprach derweil von einem »billigen Ablenkungsmanöver« der Bundesregierung. »Das groß angekündigte No-Spy-Abkommen war von Anfang an ein billiges Ablenkungsmanöver«, sagte Özdemir der in Düsseldorf erscheinenden »Rheinischen Post«. »Hilfs- und konzeptlos wie das Kaninchen vor der Schlange schaut die Bundesregierung zu, wie gigantische Datenmengen, Wirtschaftsgeheimnisse und die Kommunikation bis in die höchsten Staatsämter ausspioniert werden«, sagte der Grünen-Vorsitzende. »Die Bundeskanzlerin reagiert verharmlosend und torpediert nebenbei eine Datenschutz-Grundverordnung zum Schutz von Bürgerrechten und der Privatsphäre auf europäischer Ebene«, sagte Özdmir.

Spitzenvertreter von Koalition und Opposition hatten bereits am Dienstag mehr Druck auf die USA verlangt. »Die Koalitionsfraktionen sind sich einig, dass ein belastbares Anti-Spionage-Abkommen zwischen Deutschland und den USA kommen muss«, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Ein Scheitern würde die Beziehungen zu den USA verändern. Nach Angaben von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bemühen sich Deutschland und die USA weiterhin um das Abkommen. »Die Gespräche werden fortgesetzt«, sagte sie nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung der Unionsfraktion. Es müssten aber Meinungsverschiedenheiten ausgeräumt werden. Für die Bundesregierung gelte weiterhin, dass die USA auf deutschem Boden deutsches Recht einhalten müssten.

Das bilaterale Abkommen über die künftige Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten der USA und Deutschlands sollte eine Konsequenz aus der NSA-Spionageaffäre sein. Auf US-Seite gibt es aber große Vorbehalte gegen weitreichende Einschränkungen der Spionage in Deutschland. Daher ist offen, wie die geplante Vereinbarung aussehen wird und ob es überhaupt eine geben wird.

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, schlug in der »Mitteldeutschen Zeitung« aus Halle vor, in Auftragsausschreibungen der öffentlichen Hand aufzunehmen, dass US-Firmen die europäischen und deutschen Datenschutzstandards einhalten müssen.

Das Europäische Parlament will zudem über die Abhöraktionen des US-Geheimdiensts NSA in Europa debattieren. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments, der CDU-Politiker Elmar Brok, drohte mit Blick auf Washingtons Bremserei mit Konsequenzen: »Diese Entwicklung wie auch die bisherige Weigerung der Amerikaner, ein Datenschutzabkommen mit der Europäischen Union abzuschließen, gefährdet den Abschluss des Freihandelsabkommens«, sagte er der Bielefelder Zeitung »Neue Westfälische«. Die Haltung »der US-Administration ist unakzeptabel im Umgang zwischen Freunden«. Agenturen/nd

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