Hessen: Volker »Mustermann« ist Ministerpräsident
Schwarz-Grün votiert geschlossen für Bouffier - eine Stimme aus der Opposition
Wiesbaden. Knapp vier Monate nach der hessischen Landtagswahl ist Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zum Regierungschef der ersten schwarz-grünen Landesregierung in einem deutschen Flächenland gewählt worden. Er bekam am Samstag im Wiesbadener Landtag 62 Stimmen und damit offenbar auch eine Stimme aus der Opposition. Bouffier wurde allerdings erst im zweiten Anlauf gewählt, weil die Wahl wegen einer Panne wiederholt werden musste.
CDU und Grüne haben im Wiesbadener Landtag eine klare Mehrheit von 61 der insgesamt 110 Sitze. Bei der konstituierenden Sitzung bekam Bouffier von 109 anwesenden Abgeordneten 62 Ja-Stimmen. Allerdings gelang die Wahl erst im zweiten Anlauf: Im ersten Wahlgang waren zum Teil Muster-Stimmzettel ausgegeben worden, auf denen statt Volker Bouffier der Name Max Mustermann stand. Landtagspräsident Norbert Kartmann (CDU) ließ die Wahl deshalb wiederholen.
Bouffier warb nach seiner Wahl für Zusammenarbeit und faires Miteinander im Landtag. Er reiche auch denen die Hand, die ihn nicht gewählt hätten, und biete ihnen eine faire Zusammenarbeit an, sagte der Ministerpräsident. Wenn die politischen Wogen wieder hochschlügen, sollten alle gelegentlich daran denken, »dass der andere auch Recht haben könnte«. So könne im Landtag auch eine »andere Kultur« etabliert werden. In der Vergangenheit hatten sich die politischen Lager in Hessen zum Teil erbittert gegenüber gestanden und sich heftige Auseinandersetzungen geliefert.
Im neuen Kabinett stellt die CDU acht Minister, auf die Grünen entfallen das Wirtschafts- und Verkehrsministerium sowie das Umweltressort. Der Spitzenkandidat der Grünen bei der Landtagswahl, Tarek Al-Wazir, gehört der Landesregierung als stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister an. Die neuen Minister wurden am Ende der konstituierenden Sitzung vereidigt.
Bei der Landtagswahl im September war die vorherige CDU/FDP-Regierung mit Bouffier an der Spitze abgewählt worden. In einer Reihe von Sondierungsgesprächen loteten danach die Parteien die Möglichkeiten zur Regierungsbildung aus. Dabei gab es auch Gespräche zwischen CDU und SPD sowie SPD, Grünen und Linken. Schließlich nahmen aber CDU und Grüne Verhandlungen auf und einigten sich Mitte Dezember auf einen Koalitionsvertrag. Die Opposition im Fünf-Parteien-Parlament bilden SPD, Linke und FDP.
Die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen wird auch bundesweit genau beobachtet. Ein solches Bündnis hatte es bislang nur im Stadtstaat Hamburg gegeben, im Saarland hielt sich für kurze Zeit eine Koalition aus CDU, Grünen und FDP. AFP/nd
Weiterlesen:
Mit dem zweiten Zettel wählt man besser
Volker Bouffiers (CDU) Wiederwahl zum hessischen Ministerpräsidenten war von Pannen überschattet
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.