Weder Ruhe noch Dialog in Kiew

Irritationen um Krisenkommission / Bewegung »nicht mehr unter Kontrolle«

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach brutalen Zusammenstößen in Kiew blieb die Wende aus. Die Krisenkommission des Präsidenten tagte, Oppositionsführer Klitschko dementierte Meldungen über seine Teilnahme.

Für Irritationen sorgte eine angebliche Beteiligung des Chefs der oppositionellen Partei UDAR, Vitali Klitschko, an der Sitzung der Krisenkommission unter dem Sekretär des Sicherheitsrates, Andrej Klujew. Die vermeldete am Nachmittag der präsidiale Pressedienst. Das deutete erstmals auf ein Einlenken. Prompt kam das Dementi. Klitschko erklärte, er habe mit Präsident Viktor Janukowitsch sprechen wollen. Dieser sei in einer Besprechung gewesen, da sei er wieder umgekehrt.

Bereits am Vorabend hatte Klitschko die Teilnahme Janukowitschs zur Vorbedingung seiner eigenen Mitwirkung gemacht. Die Opposition in der Ukraine forderte ultimativ vorgezogene Präsidenten- und Parlamentswahlen sowie die Rücknahme des verschärften Demonstrationsrechts. Das trat laut Agenturen mit der Veröffentlichung im Amtsblatt noch am Dienstag in Kraft. Klitschko wurde in Medien mit der Einschätzung zitiert, dass die Opposition »die Bewegung nicht mehr unter Kontrolle« habe.

Hintergrund waren die schweren Zusammenstöße von radikalen Demonstranten und Sondereinheiten der Polizei zu Wochenbeginn mit mehr als 200 Verletzten auf beiden Seiten. In der Nacht zu Dienstag waren erneut Sicherheitskräfte in der ukrainischen Hauptstadt von Hunderten Gewaltbereiten angegriffen worden. Sie warfen Brandsätze und Steine auf Polizisten. Die Milizionäre versuchten ihrerseits, die Stellungen der Oppositionellen nahe dem Dynamo-Stadion im Zentrum zu räumen.

Klitschko beschuldigte die ukrainische Führung, sie wolle mit dem Einsatz von Provokateuren die Lage verschärfen. Die Regierung ihrerseits beteuerte höchsten Einsatz für eine friedliche Regelung.

Versuche, Gewalt zu provozieren, sah Russlands Außenminister Sergej Lawrow, »in bedeutendem Maße« im Ausland. Durch ihre Teilnahme an den Straßenprotesten heizten Politiker westlicher Länder die Situation auf, sagte er in Moskau vor Journalisten. »Wir würden es vorziehen, wenn sich einige unserer europäischen Kollegen im Zusammenhang mit der Krise in der Ukraine nicht so unverfroren aufführen würden.«

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte sich besorgt über die gewaltsamen Ausschreitungen. Er rief alle Beteiligten zur Zurückhaltung auf, um weitere Eskalation und Gewalt zu verhindern. Meinungs- und Versammlungsfreiheit müssten gewährleistet sein.

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