Mittelbare Diskriminierung durch Tarifvertrag
Mindestgröße von Pilotinnen und Piloten
Eine Rechtfertigung der Mindestgröße habe das Luftfahrtunternehmen nicht darlegen können, zumal bei einem Schwesterunternehmen eine Mindestgröße von 160 cm ausreiche.
Auf dieses Urteil des Arbeitsgerichts (ArbG) Köln vom 28. November 2013 (Az. 15 Ca 3879/13) geht der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Fenimore von Bredow vom Verband deutscher Arbeitsrechts-Anwälte (VDAA) nachfolgend näher ein.
Geklagt hatte eine junge Frau, die sich vergeblich zur Ausbildung als Pilotin beworben hatte. Die Beklagte hatte den Abschluss eines Ausbildungsvertrages abgelehnt, weil die 161,5 cm große Klägerin die tariflich vorgesehene Mindestgröße um 3,5 cm unterschritt. Mit ihrer Klage wollte die Bewerberin erreichen, dass das Luftfahrtunternehmen zur Zahlung von Schadenersatz und Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verurteilt wird.
Trotz der vom Gericht bejahten mittelbaren Diskriminierung wies das Gericht die Schadenersatzklage ab, weil ein in Geld messbarer Schaden nicht feststellbar war. Die Klägerin wäre bei diskriminierungsfreier Aufnahme in das Ausbildungsverhältnis vielmehr verpflichtet gewesen, selbst einen Beitrag zu den Schulungskosten zu leisten.
Der Entschädigungsanspruch scheiterte daran, dass das beklagte Luftverkehrsunternehmen nach Auffassung des Gerichts nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Ein solcher gesteigerter Verschuldensmaßstab ist jedoch nach § 15 Abs. 3 AGG erforderlich, wenn sich die Diskriminierung - wie vorliegend - aus der Anwendung eines Verbandstarifvertrags ergibt. Von einer Europarechtswidrigkeit der Vorschrift des § 15 Abs. 3 AGG ist das Gericht nicht ausgegangen.
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