Pressen!
Die Zukunft der freien Hebammen ist nicht nur Frauensache und sie braucht jetzt den Druck der Straße, meint Tom Strohschneider
Es ist vielleicht ein Zufall, dass die seit längerem laufende Diskussion über die Pille danach und die neuesten Nachrichten über die existenzielle Gefährdung der freien Hebammen zeitlich zusammenfallen. Politisch betrachtet passt beides jedoch in ein und dasselbe Bild: Selbstbestimmung und Entscheidungsfreiheit von Frauen bleiben auch nach Jahrzehnten der Emanzipation prekär. Oder anders gesprochen: Was als Fortschritt oft nur im Schneckentempo vorankam, ist nie zum Selbstläufer geworden.
Man(n) mag von Geburtshäusern, Beleghebammenschaft oder Hausniederkunft halten, was er will - aber dass Frauen den Geburtsort selber wählen können, ist eines jener Güter, an denen sich der Freiheitsgrad einer Gesellschaft messen lassen muss. Diese Wahlfreiheit ist nicht erst seit heute unter Druck und sie ist es auch nicht allein durch den drohenden Zusammenbruch des Haftpflichtsystems für die freien Hebammen. Wird dieser jedoch nicht verhindert, kommt noch ein faktisches Berufsverbot dazu - das wiederum vor allem Frauen treffen würde.
Man wolle »die Situation der Geburtshilfe und der Hebammen beobachten«, heißt es im Regierungsvertrag der Großen Koalition. Dass Union und SPD daraus tatsächlich und dann auch noch die richtigen Schlüsse ziehen - auch das ist alles andere als ein Selbstläufer. Also ist entsprechender Druck nötig, auf der Straße - und nicht nur von Frauen. Es ist längst höchste Zeit. Oder, um es in der Sprache der Hebammen zu sagen: Pressen!
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