Italien nutzt die Gelegenheit

Gruppensieg nach 2:0 gegen Tschechien

Am gestrigen Nachmittag bekam Enzo Bearzot Recht. Er hatte schon vor dem 2:0-(1:0)-Sieg Italiens gegen Tschechien keine Zweifel gehabt: Diese WM sei »eine große Gelegenheit« zum Erfolg, die größte vielleicht, seit Italien unter ihm 1982 den letzten von drei WM-Titeln der Squadra Azzura holte. Als Gruppensieger Australien oder Kroatien im Achtelfinale überrennen - dass Brasilien Gruppensieger würde nahm man bis gestern 20.59 Uhr jedenfalls sicher an - und dann weiter in Richtung Endspiel, so ungefähr hatten sich das auch Nationaltrainer Marcello Lippi und seine Spieler vorgestellt. Es klappte. Clever und diszipliniert wie Italien gestern den Gruppensieg schaffte, könnte es diese Squadra noch weit bringen. Italiens Fußballgeschäft braucht die Nationalmannschaftserfolge dringend, kommen doch aus der heimischen Liga immer neue Korruptions-Neuigkeiten. Juventus Turin, neben Florenz, Lazio Rom und AC Mailand Hauptbegünstigter der Spielabsprachen, droht sogar der Zwangsabstieg. Einige italienische Zeitungen wollen erfahren haben, dass Lippi nach dieser WM in jedem Fall abtrete, schließlich tauche auch noch der Name seines Sohnes in jener Anklageschrift auf, über die demnächst ein Sportgericht verhandelt. Fünf Juve-Spieler sind in Lippis Team, ein wenig Sorge um ihren Arbeitsplatz dürften sie schon haben. Weniger schlecht waren die Aussichten für Italiens Nationalelf vor der Partie in Hamburg. Ein Unentschieden gegen Tschechien würde zum Weiterkommen reichen, unter Umständen auch eine Niederlage. Kapitän Fabio Cannavaro hatte dennoch den Gruppensieg als Ziel ausgegeben: »Unsere Ausgangslage ist immer noch die beste.« Weil dies sich für die Tschechen ganz anders darstellte, begannen Tomas Rosicky und Kollegen mit Schwung diese Nachmittagspartie bei angenehmen 18 Grad. Dem Europameistertitel vor dreißig Jahren hätte diese Mannschaft von Karel Brückner gerne neue Großtaten folgen lassen. Doch es kam anders, obwohl das Stürmerproblem behoben schien - schließlich warMilan Baros wieder fit. Der Stürmerstar von Aston Villa tauchte gleich in der 9. Minute gefährlich nah vor Italiens Keeper Gianluigi Buffon auf, kam aber nicht vorbei an dem Routinier von Juventus. Buffon hielt bald darauf auch zwei Distanzschüsse des fleißigen Pavel Nedved (15., 17.), der bei Juve sein Teamkollege ist. Dass auf der an deren Seite Lippi den noch torlosen Angreifer Luca Toni nicht aufs Feld geschickt hatte, war wegen fehlender Angriffsversuche zunächst kaum zu merken. In der 26. Minute schließlich kam es einem in den Sinn, denn Italien traf überraschend. Ecke Francesco Totti, Kopfball vom eingewechselten Innenverteidiger Marco Materazzi - passgenau nach links unten: 1:0 für Italien, so hatten sie es sich gewünscht. Fortan war der Spielverlauf vorgegeben: Italien mit kontrolliertem Konterspiel, Tschechien im Angriff - ab der 45. Minute nur noch zu zehnt, weil Jan Polak Gelb-Rot sah und das Team insgesamt zu schwach war: Baros mit dem Kopf (59.), Nedved versuchts aus der Distanz (70.), viel mehr schaffte Tschechien nicht. Stattdessen kam immer wieder Italien zu Chancen, die letzte, einen Konter, verwandelte Filippo Inzaghi in der 87. Minute zum verdienten 2:0. Tschechien: Cech - Grygera, Rozehnal, Kovac (78. Heinz), Jankulovski - Polak - Poborsky (46. Stajner), Rosicky, Nedved, Plasil - Baros (64. Jarolim) . Italien: Buffon - Zambrotta, Cannavaro, Nesta (17. Materazzi), Grosso - Gattuso, Pirlo, Perrotta - Camoranesi (74. Barone), Totti - Gilardino (61. Inzaghi). Tore: 0:1 Materazzi (26.), 0:2 Inzaghi (87.) . Gelb-Rot: Polak (45.) . Schiedsrichter: Archundia (Mexiko). Zuschauer: 50 000 (ausverkauft)
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