Rot-Grün lobt sich mit bunten Bildern

Ein Jahr Regierungswechsel in Niedersachsen - die oppositionelle CDU kritisiert vor allem die Personalpolitik

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
In einer Broschüre feiert sich Niedersachsens rot-grüne Koalition für ihr erstes Regierungsjahr. Die CDU kontert mit einer teils bissigen »Pannenbilanz«.

Sehr vertrauensvoll und konstruktiv arbeite man zusammen, betonte Niedersachsens stellvertretender Ministerpräsident Stefan Wenzel (Grüne) dieser Tage an der Seite von Regierungschef Stephan Weil (SPD) mit Blick auf das erste Koalitionsjahr. Statements für die Presse reichten dem Regierungsbündnis offenbar jedoch nicht aus, die eigenen Leistungen zu würdigen, denn: Um dies ausgiebig zu tun, hat die Staatskanzlei eine 24-seitige Broschüre herausgegeben - Titel: »Ein Jahr innovative Politik«.

Das Druckwerk, es soll bei einer Auflage von 300 Exemplaren 3000 Euro gekostet haben, beschreibt allerlei Guttaten. Die Berufung der Integrationsbeauftragten Doris Schröder-Köpf zum Beispiel, mit der »eine unabhängige Lobby« für Migranten geschaffen worden sei. Engagement für Gesamtschulen, höheres Blindengeld, mehr Steuerprüfer, strengere Futterkontrollen, Wegfall der Studiengebühren. All dies und noch viel mehr stand schon im Koalitionsvertrag. Die Bilanzbroschüre signalisiert nun: Seht her, wir haben unsere Versprechen gehalten. Aufgelockert wird der Prospekt durch 23 Bilder, zum Beispiel vom Akten lesenden Ministerpräsidenten Weil im Flugzeug, von Agrarminister Christian Meyer (Grüne) beim Baumpflanzen oder Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) beim Besuch im Altersheim. Alles richtig nett.

Eher böse ist dagegen die einzige Illustration einer »Rot-grünen Pannenbilanz«, mit der die CDU überraschend die Selbstdarstellung der Regierung konterte: Auf dem 36-Seiten starken Unionsheft prangt eine Karikatur. Stephan Weil im rot karierten Schlafanzug schlurft in Schlappen durch Hannover, träumt von seiner Zeit als Oberbürgermeister und zerrt mühsam einen störrischen giftgrünen Hund hinter sich her.

Nur Schlechtes haben sich SPD und Grüne geleistet, lässt sich die schwarze Urteilsschrift zusammenfassen. Natürlich hat es ihr zufolge die von Weil und Wenzel beschworene gute Kooperation nicht gegeben. »Das Misstrauen untereinander sitzt tief, der Vorrat an Gemeinsamkeit ist gering«, resümiert die Unionszentrale. Sie bietet Beispiele auf, erinnert etwa an Stefan Wenzels Protest gegen das Entern eines Greenpeace-Schiffes durch die russische Küstenwache. Stephan Weil habe seinerzeit »sehr wütend« auf dieses Engagement reagiert. Er befürchtete offensichtlich, die Worte des grünen Partners könnten seinen Besuch in Moskau stören.

Kaum an der Regierung, habe sich Rot-Grün »den Staat zur Beute gemacht«, schimpft die CDU. Habe sich ihr David McAllister als Ministerpräsident noch mit zwei Staatssekretären in seiner Kanzlei beschieden, leiste sich Stephan Weil vier dieser hoch bezahlten Beamten. Und: Innenminister Boris Pistorius (SPD) habe drei Polizeipräsidenten durch »verdiente Genossen« ersetzt, und auch die neue Verfassungsschutzpräsidentin Maren Brandenburger verdanke ihre Position dem SPD-Parteibuch.

Genüsslich walzt die CDU die »Affäre Paschedag« aus, erinnert an den zu dicken Dienstwagen der Ex-Staatssekretärs, die teure Klimaanlage. Bei ihrem Bemühen um soviel Häme wie möglich, pult die Oppositionspartei aus dem Koalitionsjahr auch kleinste Korinthen heraus. So macht sich die Union darüber lustig, dass die Pressestelle des Wissenschaftsministeriums nicht wusste, wie die Tageszeitung in Celle heißt. Ausgerechnet einen CDU-Abgeordneten von dort habe das Ministerium dann um Auskunft gebeten, ergötzen sich die Verfasser der Pannenbilanz.

Zumindest äußerlich unbeeindruckt von jenem Heft, blickte das Duo Weil-Wenzel nun auf seine nächsten Schritte: Das Finden eines Endlagers für hoch radioaktiven Müll sei ebenso ein vorrangiges Ziel wie Neuregelungen in puncto Abitur. Gefragt, ob und wann das 12-Jahres- »Turbo«-Abi abgeschafft werde, hielt sich der Ministerpräsident bedeckt. Stunden später aber drang aus der SPD-Fraktion die Nachricht, man sei sich einig: Vom Schuljahr 2015/16 an soll es wieder das »alte« Abitur geben, abzulegen nach 13 Jahren.

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