Versilbertes Ende
Deutsche Biathleten holen zweiten Platz hinter Sieger Russland
Krasnaja Poljana. Als das ersehnte Staffel-Silber perfekt war, lagen sich Erik Lesser, Daniel Böhm, Arnd Peiffer und Simon Schempp im Hexenkessel der voll besetzten Laura-Arena glückselig in den Armen. »Das haben die Jungs bravourös gemacht. Nach der ganzen Vorgeschichte war es nicht einfach«, sagte Biathlon-Bundestrainer Mark Kirchner im ZDF. Den Tränen nahe stellte er fest: »Die Männer sind wieder ein Stück gereift. Sie haben etwas geschafft, was viele ihnen nicht mehr zugetraut hätten.«
Erst auf der Zielgerade konnte Schlussläufer Schempp dem Antritt von Anton Schipulin nicht mehr folgen, der das erste russische Biathlon-Gold in Sotschi perfekt machte. Bronze ging an das Quartett aus Österreich.
»Auf der Schlussrunde habe ich die Initiative ergriffen, damit die Österreicher nicht mehr herankamen. Dafür habe ich im Zielspurt gebüßt. Da konnte ich nicht mehr dagegen halten«, gab der völlig ausgepumpte Schempp zu. Für die deutschen Biathleten glänzte das zweite Silber in Sotschi nach der Einzelmedaille von Lesser einen Tag nach dem Doping-Schock durch Evi Sachenbacher-Stehle und den vielen vorangegangenen Pleiten im Kaukasus dennoch fast wie Gold.
In einem Staffel-Krimi fiel die Entscheidung beim allerletzten Schießen. Während der Norweger Emil Hegle Svendsen in die Strafrunde musste, kamen Schempp, der Österreicher Simon Landertinger und der Russe Schipulin fehlerfrei durch. Im Zielsprint setzte sich dann Schipulin mit 3,5 Sekunden Vorsprung durch. Die Deutschen benötigten nur zwei Nachlader. Die Russen acht, die Österreicher sieben Reservepatronen
Faust gegen Faust - mit der gewohnten Geste verabschiedeten sich die Bundestrainer Kirchner und Fritz Fischer vor dem Start am Schießstand. Beim ersten von vier Olympiasiegen einer deutschen Staffel vor 22 Jahren stand das Duo zusammen im Team. Seit der Medaillen-Nullnummer vor vier Jahren in Kanada sind der Thüringer und der Bayer für die Männer verantwortlich und haben die Skijäger wieder auf Vordermann gebracht.
An der Strecke feuerte Fischer seine Jungs gewohnt lautstark an. Lesser lief von Beginn an in der Spitzengruppe mit. Der Silbermedaillen-Gewinner im Einzel-Wettbewerb über 20 Kilometer kam genau wie viele seiner Konkurrenten ohne Nachlader aus. »Ich war schon sehr aufgeregt, aufgeregter als sonst. Ich musste öfter mal die Unterwäsche wechseln«, sagte Lesser.
Mit einem Rückstand von 10,3 Sekunden hinter dem Norweger Tarjei Bö schickte Lesser den zweiten Deutschen auf die Reise. Böhm blieb lange hinter Johannes Thingnes Bö, dem jüngeren Bruder des siebenmaligen Weltmeisters. Nach dem ersten Schießen lag die deutsche Staffel erstmals in Führung. Während Böhm alle Scheiben abräumte, benötigte Bö eine Reservepatrone. Doch nach dem Stehendanschlag war es wieder umgekehrt, Böhm lag 8,4 Sekunden hinter dem Norweger. »Es ist brutal eng heute. Man muss so wenig wie möglich Fehler schießen, das ist entscheidend«, sagte Böhm.
Am Ende waren es 20,1 Sekunden, die Peiffer hinter Ole Einar Björndalen loslief. Peiffer blieb genau wie der große Björndalen ohne Fehler am Schießstand. Auf der Strecke kämpfte er sich bis auf zwei Sekunden an den achtmaligen Olympiasieger heran. »Er hat ein ganz starkes Rennen gemacht«, lobte Kirchner den ehemaligen Sprint-Weltmeister. dpa
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