Alte Kufen, neues Leid
Vor der sportlichen Olympiaanalyse streitet der Bobverband zuerst mit Manuel Machata
»Das wird schon.« Ganz gelassen beendet Manuel Machata das Gespräch. Selbstverständlich ist das angesichts des anstehenden Termins nicht. Am Mittwochmorgen muss der Bobpilot in Berchtesgaden vorsprechen. In der Geschäftsstelle des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD) soll sich der 29-Jährige dafür rechtfertigen, dass er dem russischen Doppelolympiasieger von Sotschi, Alexander Subkow, vor den Winterspielen seine Kufen vermacht hatte.
»Eine Presseschlacht mit ungesundem Halbwissen« nennt Machata all das, was nach Bekanntwerden des Vorgangs am Montag erzählt und geschrieben wurde. Rainer M. Jacobus denkt aber erst mal nicht daran, seine Meinung zu ändern. »Das ist schockierend«, sagt der BSD-Vizepräsident auf Nachfrage. Und nach seiner Einschätzung gibt es in der gesamten Verbandsführung dazu keine andere Meinung. Für Jacobus steht fest: Machata hat das eigene Team betrogen. »Manuel wird von unseren Trainern betreut und gefördert. Zudem ist er Sportsoldat und fährt auf dem Ticket der Bundeswehr, die diese Planstelle für unseren Verband geschaffen hat. Und Manuel fährt in unseren Bobs«, erläutert Jacobus die Gründe.
Diesen Argumenten will Machata gar nicht widersprechen. Natürlich fahre er für Deutschland und auch in Bobs vom Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES). Aber er fährt auf eigenen Kufen. Deshalb ist es für ihn »eine Privatangelegenheit«. Im Bob- und Schlittensport wird viel selbst probiert und gebastelt. Dass die deutschen Bobfahrer in diesem Winter nicht das allerbeste Material hatten, ist kein Geheimnis. Auch der Hersteller FES hatte zuletzt Probleme eingeräumt. Machatas Suche nach Verbesserungen führte ihn in die Schweiz: »Ich habe mir die Kufen bei Pius Meyerhans geholt.«
Ein ganz wichtiges Argument für den BSD in der Kritik an Machata ist, dass laut Rainer M. Jacobus »unser allererster sportlicher Konkurrent« mit den Kufen gefahren ist. Dass letztlich Alexander Subkow auf dem begehrten Material den Sanki-Eiskanal hinunter gerast ist, sei aber Teil des Geschäfts mit Meyerhans gewesen, erläutert Machata. Denn für den ehemaligen Bobpiloten aus Luzern galt auch für Sotschi das olympische Motto »Dabeisein ist alles«. Machata bekam die Kufen nur unter der Voraussetzung, dass sie in Sotschi auch zum Einsatz kommen. Da sich Machata aber nicht für die Winterspiele qualifizieren konnte, gab er sie an Subkow weiter. Und überhaupt: »Wenn ich diese Bedingung nicht akzeptiert hätte, wären die Kufen gleich in Russland gelandet«, berichtet Machata über die Pläne von Meyerhans.
Alexander Subkow wäre also auch ohne deutsche Hilfe an das Material gekommen. Das ist für Machata ein weiterer Grund, sich »nicht als Verräter hinstellen zu lassen«. Und eben, dass es ein »rein privates Geschäft« sei. In so einem materialbestimmten Sport wird viel ge- und verkauft, geliehen oder getauscht. »Das ist im Bobsport üblich«, erzählt ein ehemaliger Fahrer, der anonym bleiben möchte, gegenüber »nd«. Deutsche Teams hätten auch schon davon profitiert.
Dem will wiederum Rainer M. Jacobus nicht widersprechen. »Natürlich helfen wir zum Beispiel dem rumänischen Verband«, sagt der BSD-Vizepräsident, »aber dem direkten Konkurrenten?« Einen Zusammenhang zwischen der eigenen Erfolglosigkeit bei den Winterspielen, wo die deutschen Bobfahrer erstmals seit 50 Jahren medaillenlos blieben, und der Kritik an Machata schließt er aus. Dies sieht der Gescholtene anders und vermutete in einer ersten Reaktion, dass man vielleicht einen Buhmann suche.
Hätte Manuel Machata möglicherweise den BSD vorher über den Kufendeal informieren sollen und somit Schärfe aus der Angelegenheit nehmen können? »Wieso soll ich den Verband über private Angelegenheiten informieren?«, antwortet er mit einer Gegenfrage. Heute haben in Berchtesgaden beide Seiten die Möglichkeit, aus der offenen Konfrontation in ein konstruktives Miteinander überzugehen. Auch Machata will lieber Lösungen aus der sportlichen Krise suchen, als über alte Kufen sprechen.
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