Ibiza und Mallorca sagen nein
Ab diesem Sommer soll zwischen den Baleareninseln und Valencia nach Öl gesucht werden
Es war eine schmierige Angelegenheit, doch der Ingenieur Joan Tur wollte ein Zeichen setzen. Den Protest gegen die geplante Ölsuche vor den spanischen Ferieninseln Ibiza und Mallorca hat das deutlich beflügelt, wie sich am vergangenen Wochenende zeigte. Tur hatte sich im Januar Altöl geschnappt, es über seinen nackten Körper gegossen und sich mit einem Protestplakat fotografiert. »Eivissa dio no« (Ibiza sagt nein) war darauf auf Katalanisch zu lesen, um gegen die Suche nach Öl und Gas in großer Tiefe zwischen Ibiza, Mallorca und der spanischen Küstenstadt Valencia Festland zu protestieren.
Das Bild veröffentlichte Tur auf Facebook. Längst hat er unzählige Nachahmer gefunden. Sein virtueller Freundeskreis zählt mittlerweile mehr als 32 000 Menschen. Aus seiner Protestbotschaft wiederum ist mittlerweile die gleichnamige Protestbewegung entstanden, die auch von Weltstars wie dem Sänger James Blunt, dem Model Jade Jagger, der Schauspielerin Siena Miller und der künftigen Hotelkettenerbin Paris Hilton unterstützt wird.
Auf der Straße zeigte die Bewegung am Wochenende ihre Stärke. An den vier Demonstrationen auf den Inseln und dem Festland in Castellón beteiligten sich nach Angaben der Polizei 21 000 Menschen. Die Veranstalter von »Eivissa diu no« und der breiten Protestplattform Aliança Mar Blava (Allianz Blaues Meer) zählten deutlich mehr Demonstranten. Bei frühlingshaften Temperaturen sollen allein auf Ibiza 20 000 Menschen demonstriert haben.
»Schwarzes Gold bedeutet Tod«, lautete eine der Losungen. Denn die Gründe sind vielfältig, warum die Menschen protestieren. Da sind Umweltschützer, die schon vor den Schäden warnen, die allein mit der Suche nach Öl verbunden sind - lange bevor Bohrlöcher auslaufen können. Denn zur seismischen Untersuchung des Meeresbodens wird Schall eingesetzt. Druckluftkanonen sollen einen Schalldruck von 250 Dezibel erzeugen, worunter die Meeresfauna zu leiden hätte, darunter auch Pottwale und seltene Streifen-Delphine. Ein Düsenflugzeug und ein Gewehrschuss erzeugen einen Schalldruck von etwa 150 Dezibel. Eine Erhöhung um nur zehn Dezibel bedeutet eine Verdoppelung der wahrgenommenen Lautstärke. Unter Wasser wird dementsprechend ein Lärm erzeugt, der um ein vielfaches über dem von Kampfflugzeugen liegt.
In Castellón auf dem Festland hatten Fischer zum Protest aufgerufen: Sie fürchten um ihre Existenz. Unterstützt wurden sie von Umweltschützern, aber auch von Bürgermeistern und Parteivertretern. »Durch den enormen Lärm sterben die Fische. Das ist unser Ruin und der unserer Familien«, sagte Ignacio Llorca, Präsident der Fischereivereinigung in Alicante. Die Region leidet schon jetzt unter einer Arbeitslosenquote von 34 Prozent. Verantwortlich für das Projekt ist die konservative Volkspartei (PP) in Madrid, die der schottischen Ölfirma Cairn Energy erlauben will, im Golf von Valencia nach Öl zu suchen.
Auch auf den ebenfalls zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln soll bald mit ersten Probebohrungen begonnen werden. Auch dort ist der Protest laut und breit gefächert. Die gesamte Tourismusindustrie auf den Balearen und den Kanarischen Inseln befürchtet, dass damit Touristen vertrieben werden. Deshalb stellen sich in beiden Fällen auch die jeweiligen Regionalregierungen gegen die Pläne. Auf den Balearen wendet sich sogar der PP-Regierungschef gegen das Vorhaben seiner Regierung im fernen Madrid. José Ramón Bauzá erklärte im Einklang mit den Inselräten: »Wir brauchen hier kein Erdöl zu suchen, weil wir den größten Reichtum schon haben, den Tourismus.«
Angesichts der Breite der Proteste war es nicht verwunderlich, dass Gegner bis zum 12. Februar mehr als 75 000 Menschen mobilisierten, die ihre Unterschrift unter die vorbereitete Einwendung setzten, um das Genehmigungsverfahren zu stoppen. Die Gegner hatten lediglich auf ein Drittel gehofft. »Das war ein totaler Erfolg«, jubelte »Eivissa diu no«.
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