Blochin ballt die Fäuste

Nach 1:0 im Gruselspiel gegen Tunesien hoffen Schewtschenko & Co. sogar aufs Viertelfinale

  • Matthias Koch, Berlin
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Gruppe H gehört offensichtlich zu den schwächsten bei dieser WM. Dennoch müssen auch in dieser Gruppe zwei Teams den Sprung ins Achtelfinale schaffen. Nach den Spaniern, von denen im weiteren Turnierverlauf vielleicht noch etwas zu erwarten ist, durften sich am Freitagnachmittag die Ukrainer über einen verlängerten Deutschland-Aufenthalt freuen. Voraussetzung dafür war ein 1:0-Sieg gegen Tunesien. »Wir waren sehr nervös. Aber wir haben unser Ziel erreicht, unter die letzten 16 zu kommen«, sagte der ukrainische Coach Oleg Blochin, der nach dem Abpfiff vor Begeisterung die Fäuste geballt hatte. Im Berliner Olympiastadion hätte den Südosteuropäern allerdings durch den 1:0-Erfolg Spaniens gegen Saudi-Arabien ebenso ein Remis genügt, um die Tunesier auf Distanz zu halten. Trotz des Jubels der rund 12 000 ukrainischen Fans im Stadion und im Mannschafts-Quartierort Potsdam konnten die Akteure des einstigen Weltklassestürmers Blochin in einer größtenteils unterirdischen Partie nie richtig überzeugen. In der ersten Halbzeit, die nur wenige Höhepunkt zu bieten hatte, waren die Ukrainer wenigstens die aktivere Mannschaft. Der Leverkusener Andrej Woronin (3.) besaß die erste Tormöglichkeit. Anatoli Timostschuk war der Führung noch näher. Doch seinen Schussversuch konnte der mehrfach unorthodox zur Sache gehende tunesische Keeper Ali Boumnijel abwehren (22.). Das möglicherweise bei den verkrampft wirkenden Ukrainern alle Blockaden lösende 1:0 wollte auch dem sich festdribbelnden Schewtschenko (32.) sowie Oleg Schelajew (45.) nicht gelingen. Letztgenannter hatte Tunesiens Schlussmann Boumnijel zur einer Faustparade. Und Tunesien? Der Afrikavertreter fand vor dem Seitenwechsel praktisch nicht statt. Der harmlose Freistoß des Nürnbergers Jaouhar Mnari (19.) war der einzig nennenswerte Torschuss. Dafür wussten die Nordafrikaner auf anderem Gebiet zu überzeugen. Zied Jaziri holte sich in der 2. Minute erst eine Verwarnung und kurz vor dem Pausenpfiff die Gelb-Rote Karte wegen wiederholten Foulspiels ab. In der Kabine dürfte es angesichts der schwachen Leistung von beiden Trainern ein Donnerwetter gegeben haben. Doch die Akteure interessierte das nur wenig. Kurioserweise besaß Tunesien in Unterzahl jeweils nach Standardsituation die ersten Chancen im zweiten Durchgang. Doch der Freistoß von Anis Ayari (66.) und der Kopfball von Karim Haggui nach einer Ecke (67.) verfehlten knapp ihr Ziel. Als die Zuschauer bereits zum Pfeif konzert ansetzten, hatte Schiedsrichter Carlos Amarilla aus Paraguay ein Einsehen. Nach einer Attacke des Tunesiers Haggui an Andrej Schewtschenko zeigte der Referee auf den Elfmeterpunkt. Vorausgegangen war ein Fehler von Radhi Jaidi. Schewtschenko, der beim Foul im Strafraum auch ein bisschen zur Schwalbe angesetzt hatte, verwandelte sicher zur 1:0-Führung (70.). Danach vergaben für die Ukraine Oleg Schelajew (84.) und Woronin (89., 93.) sowie für Tunesien Santos (90.) weitere Chancen, bevor dieser Gruselkick glücklicherweise ein Ende hatte. »Tunesien kann nicht mehr bieten, als es hat«, meinte Tunesiens Coach Roger Lemmerre nach dem Ausscheiden. Die Ukraine bleibt drin, muss sich aber gewaltig steigern. Ukraine: Schowkowski - Swiderski, Russol, Nesmatschni - Schelajew, Gussew, Timostschuk, Kalinitschenko (75. Gussin) - Rebrow (55. Worobej) - Schewtschenko (88. Milewski), Woronin. Tunesien: Boumnijel - Trabelsi, Jaidi, Haggui, Ayari - Namouchi, Mnari, Chedli (80. Santos), Nafti (90.+1 Ghodhbane), Bouazizi (80. Ben Saada) - Jaziri. Tore: 1:0 Schewtschenko (70./Foulelfmeter). Schiedsrichter: Amarilla (Paraguay). Zuschauer: 72 000 (ausverkauft). Gelb-Rote Karten: Jaziri (Tunesien/45.+/1/wiederholtes Foulspiel).
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