Doppelpass: SPD-Spitze gegen Länder-Vorstoß
Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein setzen weiter auf rot-rot-grüne Stimmenmehrheit im Bundesrat / Auch Linke gegen »Kuhhandel« der Großen Koalition
Berlin. Die SPD-Bundesspitze stellt sich gegen den Vorstoß von drei SPD- und Grünen-regierten Bundesländern für eine weiter gefasste Regelung zum Doppelpass. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) lobte ausdrücklich den mit der Union im Koalitionsvertrag fixierten Kompromiss: »Ich finde, dass die doppelte Staatsbürgerschaft auch in der vereinbarten Form ein ganz wesentlicher Meilenstein für ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht ist«, sagte er der »Welt«. Maas sagte weiter: »Grundlage für das Handeln der Bundesregierung ist der Koalitionsvertrag.«
Ähnlich äußerte sich Generalsekretärin Yasmin Fahimi am Donnerstag in Berlin. »Die Grundlage dazu für die Bundesebene ist der Koalitionsvertrag.« Demnach bekommen Kinder von Zuwanderern künftig die doppelte Staatsangehörigkeit, sofern sie in Deutschland geboren und auch hier aufgewachsen sind. Was »hier aufgewachsen« genau bedeutet, ist aber umstritten. Maas räumte ein: »Das Kriterium, dass jemand hier aufgewachsen sein muss und wie das nachgewiesen werden kann, ist sicherlich nicht ganz einfach umzusetzen.« Er zeigte sich aber »sehr optimistisch« und sagte: »Wir werden einen Weg finden, um unnötige bürokratische Hürden zu vermeiden.«
Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein wollen allerdings im Bundesrat eine Initiative zur Abschaffung der sogenannten Optionspflicht einbringen. Demnach sollen lle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern zwei Pässe besitzen dürfen - auch wenn sie im Ausland aufgewachsen sind. Die drei Landesregierungen wollen ihren Plan nicht aufgeben. Sie setzen auf die zumindest rechnerisch bestehende rot-rot-grüne Stimmenmehrheit in der Länderkammer.
Eine Sprecherin der rheinland-pfälzischen Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) sagte auf dpa-Anfrage, sie gehe davon aus, dass die Initiative wie geplant am 14. März im Bundesrat eingebracht werde. »Es gibt einen Kabinettsbeschluss«, sagte sie zur Begründung. Das ebenfalls rot-grün regierte Schleswig-Holstein sieht auch keinen Anlass, den Vorstoß zurückzuziehen. Die Integration ausländischer Mitbürger habe hohe Priorität, erklärte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). Auch die grün-rote Regierung in Stuttgart bleibt nach Angaben eines Sprechers bei den Plänen.
Der Vorstoß der drei Länder im Bundesrat hatte bei der Union helle Empörung ausgelöst. Spitzenpolitiker von CDU und CSU warnten die SPD vor einem Bruch des Koalitionsvertrages und forderten ein Machtwort von Parteichef Sigmar Gabriel. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) legte noch einmal nach: »Es ist kein guter Stil, jetzt über die Hintertüre des Bundesrats die Koalitionsvereinbarung in Frage zu stellen und mit der Diskussion wieder von vorne zu beginnen«, sagte er der »Passauer Neuen Presse«. »Jetzt wird hier erneut das Vertrauen innerhalb der Großen Koalition vor eine massive Bewährungsprobe gestellt.«
Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl sprach von einem »klaren Vertragsbruch« und rief die SPD-Spitze auf, die Genossen in den Ländern von dem Vorhaben abzubringen. »Herr Gabriel muss das stoppen«, sagte Strobl der »Rheinischen Post«). Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Max Straubinger, sagte der Mediengruppe »Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung«, in diesem Punkt werde es von der CSU keine Zugeständnisse geben.
Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen stellte sich derweil auf die Seite der rot-grünen Länder. Es sei zu begrüßen, dass drei Landesregierungen »den Doppelpass-Kuhhandel der Bundes-SPD in Frage stellen«, so Dagdelen. »Doch kaum blasen die Sozialdemokraten in den Ländern die Backen auf, lässt die SPD-Generalsekretärin die Luft wieder heraus, indem sie Vertragstreue gegenüber der Union bekundet«. Bleibe es bei der geplanten Neuregelung der Optionspflicht durch die Große Koalition, würden »Kinder mit einer deutsch-EU- oder deutsch-schweizerischen Doppelstaatsangehörigkeit künftig generell von der Optionspflicht ausgenommen«, so Dagdelen. Für alle anderen – und das sind vorwiegend Kinder mit türkischem Migrationshintergrund – gelte die Regelung dagegen nicht. »Sie bleiben weiter Deutsche unter Vorbehalt, die nachweisen müssen, dass sie in Deutschland aufgewachsen sind.« Dies sei »inakzeptabel und verfassungsrechtlich unhaltbar«, so Dagdelen. dpa/nd
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