Vorhang auf für Parteispenden
Deutlich mehr als die Hälfte der Firmenspenden an Union & Co. bleibt anonym
Berlin. Es war am Montag eine unscheinbare Meldung: Der Wirtschaftsrat der CDU hat sich einen neuen Pressesprecher gesucht. Der Neue sei »ausgewiesener Experte für die Belange der mittelständischen Wirtschaft und der Familienunternehmen« und soll deren Interessen »noch nachhaltiger und schlagkräftiger« vermitteln. Beim CDU-Wirtschaftsrat handelt es sich um einen CDU-nahen Lobbyverband mit rund 11 000 Mitgliedern vornehmlich aus oberen Unternehmensetagen, nicht um eine Abteilung oder Arbeitsgemeinschaft der Partei. Über sich selbst sagt der 1993 u. a. vom Fabrikanten Alphons Horten gegründete Verein auf seiner Webseite, er vertrete die »Interessen der unternehmerischen Wirtschaft gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit«.
Zur Bekräftigung ihrer Interessen streuen nicht wenige Unternehmer und Unternehmen üppige Spenden in die Parteienlandschaft, privat oder über ihre Firmen. Adressat ist allen voran die CDU/CSU, an zweiter Stelle - noch vor der SPD - die letztes Jahr aus dem Bundestag gepurzelte FDP. Nicht alle diese Spenden werden öffentlich und zeitnah transparent gemacht, wie es etwa die gemeinnützige Initiative LobbyControl seit langem fordert.
»neues deutschland« hat jetzt die Finanzquellen und vor allem die Spendeneinkünfte aller im Bundestag vertretenen Parteien seit dem »Einheitsjahr« 1990 untersucht. Die Analyse gibt erstmals über diesen gesamten Zeitraum Auskunft darüber, in welchem Umfang und mit welcher genauen Verteilung Wirtschaftsunternehmen, Verbände und sehr wohlhabende Privatpersonen Parteien mit finanziellen Ermunterungen zu einer Politik in ihren Interessen ködern.
Der in dieser Ausgabe abgedruckte erste Teil der Untersuchung betrachtet die Einnahmestruktur der Parteien insgesamt. Zwei Ergebnisse daraus: Seit 1990 wurden die Parteien mit bis zu fünf Milliarden Euro Steuergeldern subventioniert. Und deutlich mehr als die Hälfte aller Firmenspenden bleiben anonym.
In einer weiteren Folge in den nächsten Tagen werden die Hauptspender genauer unter die Lupe genommen. jrs
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