Ohne Rat des Weltmeisters

Beim Schach-Länderkampf ist Ellen Carlsen der Star

  • René Gralla
  • Lesedauer: 2 Min.

Sie wird der Star sein beim Länderkampf der Schachspielerinnen aus Norwegen und Deutschland, die sich ab Mittwoch im Verlagsgebäude des »nd« messen werden: Ellen Carlsen, die ältere Schwester des neuen Weltmeisters Magnus Carlsen. Doch genau das will sie eigentlich nicht: Die 24-Jährige möchte nicht bloß Anhängsel ihres berühmten Bruders sein, schließlich holte sie 2007 die Nordische Meisterschaft in ihrer damaligen Altersklasse und belegt aktuell Platz 10 in der nationalen Rangliste.

Bei ihrem viertägigen Gastspiel in der Hauptstadt, das ganz im Zeichen der Partnerschaft zwischen Deutschland und Norwegen im Zuge der dortigen Schacholympiade im August steht, werden Ellen Carlsen und ihre Mitstreiterinnen allerdings auf eine deutsche Mannschaft treffen, die, obwohl sie auf Frontfrau Elisabeth Pähtz verzichtet, hoch favorisiert ist. Dennoch werden die Norwegerinnen versuchen, über sich hinauszuwachsen. Alle vier gelten daheim als heiße Anwärterinnen für die Olympiaauswahl und wollen in Berlin unbedingt beweisen, dass sie einen Platz im Team verdient haben, das ab dem 1. August in Tromsö um Gold, Silber und Bronze kämpfen wird.

Ellen Carlsen nimmt dabei allen naheliegenden Vermutungen von vornherein den Wind aus den Segeln, dass vielleicht Weltmeister Magnus als heimlicher Trainer und Einflüsterer im Hintergrund agiert: »Wir hören nicht auf seinen Rat«, das hat sie erst unlängst in einem Interview mit der Onlinezeitung »Nettavisen« klargestellt. Zumal ihr Bruder, der inzwischen sogar als Model für eine Jeansmarke daherkommt, ein schlechter Lehrer sei: »Er hat kein wirkliches Interesse an - was Schach betrifft - ›tauben‹ und ›blinden‹ Schwestern.«

Eine souveräne Untertreibung, die zur selbstbewussten jungen Frau passt, die noch ein Leben neben dem Schach hat. Sie studiert Medizin in Oslo, und die entsprechenden Vorlesungen und Seminare nehmen den Hauptteil ihrer Zeit in Anspruch, so dass wenig Spielraum für den Turniersport übrig bleibt.

Um so ehrgeiziger wird Ellen Carlsen jetzt in den Länderkampf gehen, das Match in Berlin ist aus norwegischer Sicht eine absolute Prestigeangelegenheit. Die Deutschen mit Großmeisterin Zoya Schleining an Brett eins dürfen also auf keinen Spaziergang gegen die jungen Wikingerinnen hoffen. Schon gar nicht gegen Ellen Carlsen.

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