Im Netz nichts Neues

Bundesminister Dobrindt will flächendeckenden Breitbandausbau voranbringen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Ab 2018 soll ganz Deutschland schnell in Internet surfen können. Doch Mittel dafür will der Bund fast keine zur Verfügung stellen.

Alexander Dobrindt (CSU) will das Internet schneller machen. Dafür lud der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur am Freitag Firmen und Verbände zu einem ersten Treffen der »Netzallianz Digitales Deutschland« ein. Dafür bekommt der Minister von vielen Seiten Zuspruch, da weite Teile der Republik wegen veralteter Leitungen dem Onlinezeitalter hinterher hinken. Doch wie ernst Dobrindt sein eigenes Anliegen nimmt, ist fraglich, da der Bund für den erforderlichen Netzausbau kaum Geld springen lassen will.

Konkret geht es um die flächendeckende Verlegung von Breitbandkabeln. Denn zurzeit können lediglich 55 Prozent der Haushalte mit einer 50 Megabit pro Sekunde schnellen Internetverbindung ausgestattet werden. Und dies ist überwiegend nur in Ballungszentren möglich. Bereits im Koalitionsvertrag schrieben SPD und Union fest, ganz Deutschland bis zum Jahr 2018 mit 50 Megabit schnellen Leitungen versorgen zu wollen. »Für ein modernes Industrieland ist der flächendeckende Breitbandausbau eine Schlüsselaufgabe«, begründet darin Schwarz-Rot ihren Plan.

Dobrindt legte im Vorfeld des Treffens nun nach: »Wir brauchen eine Initialzündung«, erklärte er am Freitag in einem Interview mit »Spiegel Online«. So würden sich die Datenmengen, die via Internet verschickt werden, jährlich verdoppeln. Doch eine Sache fiel bei den Koalitionsverhandlungen letztes Jahr hinten runter. Die eine Milliarde Euro jährlich, die ursprünglich zur Förderung der Internetinfrastruktur eingeplant waren, strichen Union und SPD dann doch wieder aus dem Vertrag. Nun verspricht Dobrindt, 100 Millionen Euro für einen »Modernitätsfonds« beizusteuern, die aus der Versteigerung von alten Rundfunk- und Fernsehfrequenzen stammen sollen. Doch die in Aussicht gestellten Mittel werden bei weitem nicht ausreichen. Laut einer Studie des TÜV Rheinland im Auftrage des Wirtschaftsministeriums wird die Versorgung aller Haushalte mit Breitbandanschlüssen rund 20 Milliarden Euro kosten.

Für den Branchenverband Bitkom sind die von Dobrindt versprochenen Mittel wohl eher Peanuts an. Deutsche Infrastrukturanbieter haben Bitkom zufolge in den vergangenen Jahren »bereits einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag« investiert. »Wir erwarten von der Politik, dass sie dies künftig stärker würdigt und aufmerksamer berücksichtigt«, fordert Bitkom-Präsident Dieter Kempf. In einer Sache sind sich der Minister und die Industrie jedoch einig: »Ich will keine staatlichen Netze«, sagt Dobrindt. Auch Kempf will, dass das oberste Ziel der Politik ist, »so viel wie möglich an privaten, eigenwirtschaftlichen Investitionen in den weiteren Breitbandausbau auszulösen«.

Für Herbert Behrens sind die regionalen Lücken in der Versorgung mit schnellen Internetverbindungen jedoch eine Spätfolge der Privatisierung. »Ohne Fördermittel des Bundes werden die Unternehmen auch weiterhin unrentable Unternehmen nicht ausbauen«, so der Sprecher der LINKE-Bundestagsfraktion für digitale Infrastruktur. Auch sei Dobrindts »Netzallianz« nichts Neues. So hätten Wirtschaft und Bundesregierung bereits in diversen Zirkeln in den vergangen Jahren über den Breitbandausbau gesprochen. »Die flächendeckende Versorgung mit brauchbarem Internet kam trotzdem nie zustande«, erklärt der Abgeordnete Behrens.

Wie ernst es der CSU-Minister Dobrindt tatsächlich mit dem Ausbau der Breitbandkabel meint, kann man unterdessen auf der Onlinepräsenz seines Ressorts begutachten: Bis Freitagnachmittag deutete da bis auf eine kleine Ankündigung der »Netzallianz« wenig darauf hin, dass Dobrindt neben dem Verkehrsressort auch das Ressort für digitale Infrastruktur leitet. Sucht man nach dem Begriff »Netzallianz«, findet man auf der Internetseite nur vier Einträge: drei Interviews und eine Bundestagsrede des Ministers.

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