Krieg der Parlamente in der Ukraine
Krim-Sowjet erklärt Halbinsel für unabhängig – Rada in Kiew fordert ultimativ Revision des Beschlusses
Berlin. Der Oberste Sowjet der Autonomen Republik Krim habe am Dienstag eine Erklärung über die Unabhängigkeit der Region von der Ukraine und den Beitritt zur Russischen Föderation angenommen, teilte ein Parlamentssprecher der russischen Agentur RIA Novosti mit. Der Beschluss sei von 78 der nominell 100 Abgeordneten unterstützt worden. Nach dem für kommenden Sonntag geplanten Referendum werde die Krim »als souveräner unabhängiger Staat der Russische Föderation den Vorschlag unterbreiten, ihr als Föderationsmitglied beizutreten«, sagte der Sprecher weiter.
Das ukrainische Parlament in Kiew forderte die Abgeordneten auf der Krim am gleichen Tag ultimativ auf, ihre Beschlüsse bis spätestens Mittwoch zurückzunehmen. Andernfalls werde die Werchowna Rada über die Auflösung des Parlaments in Simferopol beraten.
In Moskau kündigte die Partei Gerechtes Russland unterdessen an, dass ihr Gesetzentwurf, der die Aufnahme neuer Territorien in die Russische Föderation regeln soll, am 21. März in der Staatsduma behandelt werde. Das Gesetz soll für Fälle gelten, in denen ein internationaler Vertrag mangels einer effektiven souveränen Staatsmacht im betroffenen Land nicht abgeschlossen werden kann und die Bevölkerung des jeweiligen Territoriums ihren Wunsch nach Beitritt zu Russland in einem Referendum bekundet hat. Russland betrachtet die neue ukrainische Regierung als illegitim.
Unrechtmäßig, weil durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen, ist die Kiewer Führung auch in den Augen von Viktor Janukowitsch, der sich am Dienstag erneut im südrussischen Rostow am Don äußerte und seinen Anspruch wiederholte, einziger legitimer Präsident der Ukraine und Oberkommandierender der Armee zu sein. Die »dunklen Kräfte«, die – vom Westen unterstützt – jetzt in Kiew regieren, seien auch für eine Abspaltung der Krim verantwortlich. Unter Anspielung auf nationalistische und profaschistische Gruppierungen in der Ukraine stellte Janukowitsch die Frage, ob man im Westen vergessen habe, was Faschismus bedeutet.
Die USA, ihre Verbündeten und Partner werden das Referendum auf der Krim, das gemäß der ukrainischen Verfassung nicht legitim sei, nicht anerkennen, kündigte der Sprecher des Weißen Hauses in Washington an. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte bei einem Besuch im Baltikum, die EU werde stattdessen am kommenden Montag über weitere Sanktionen gegen Russland verhandeln.
OSZE-Militärbeobachter, denen der Zugang zur Krim verwehrt wurde, sollen nun eventuelle militärische Aktivitäten Russlands im Süden und Osten der Ukraine beobachten. An der ukrainischen Westgrenze patrouillieren NATO-Aufklärungsflugzeuge.
Im Gebiet Charkow wurde derweil der frühere Gouverneur Michail Dobkin wegen »Separatismus« festgenommen. Er hatte bei den ukrainischen Präsidentenwahlen am 25. Mai kandidieren wollen.
Mit Agenturen
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