Moskau sieht sich im Recht

NATO-Aktivitäten gelten als »unfreundlicher Akt«

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 2 Min.

Zwar habe die NATO das Recht auf Patrouillenflüge an den Grenzen des Bündnisses, die Entscheidung dazu werte Russland dennoch als »unfreundlichen Akt«, sagte der stellvertretende Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses der russischen Staatsduma, Leonid Kalaschnikow, bei Radio »Echo Moskwy«. Die mit dem AWACS-Frühwarnsystem ausgestatteten NATO-Flugzeuge, glaubt er, sollen vor allem Bewegungen russischer Truppen verfolgen und bereit sein, »darauf zu reagieren«.

Moskau, behauptet der kommissarische ukrainische Verteidigungsminister Igor Tenjuch, habe nahe der Grenze zur Ukraine 220 000 Mann zusammengezogen. Kiew werde aber keine Gewalt bei der Verteidigung der Krim anwenden. Die Moskauer »Nesawissimaja Gaseta« zitierte dagegen Tenjuchs Stellvertreter Pjotr Meched mit den Worten, er schließe eine gewaltsame Lösung nicht aus. Afghanistanveteran Meched wurde vom »Rechten Sektor« für seinen Posten nominiert.

Russische Experten vermuten jedoch, Kiew habe allen Grund zur Zurückhaltung. Das ukrainische Heer bestehe derzeit aus gerade mal 41 000 Soldaten, davon seien maximal 6000 ständig gefechtsbereit. Und die Führung der Krim behauptet, die auf der Halbinsel stationierten ukrainischen Soldaten hätten inzwischen zu großen Teilen den Treueeid auf die Regierung in Simferopol abgelegt.

Gleich nach dem für Sonntag geplanten Volksentscheid über die Trennung der Halbinsel von der Ukraine, an deren Ausgang die Krim-Führung keinen Zweifel zulässt, soll die Region sowohl der Rubelzone als auch der Moskauer Zeitzone beitreten. Und die Duma in Moskau will am 21. März mit der Lesung eines Gesetzes beginnen, das den Beitritt neuer Territorien zur Russischen Föderation durch bloßen Volksentscheid ermöglicht.

Kritische Experten halten das für eine völkerrechtlich mehr als bedenkliche Konstruktion. Der Staatsrechtler Michail Barschtschewski, der die Interessen der russischen Regierung bei Gerichtsprozessen vertritt, sieht das jedoch anders. Das Völkerrecht, sagte er bei »Echo Moskwy«, kenne zwei einander ausschließende Prinzipien: das Recht auf territoriale Integrität und das Recht auf nationale Selbstbestimmung. Letzteres, das zeige die Praxis der letzten Jahre, bestimme weltweit die Entwicklungen.

Ranghohe russische Politiker warnen derweil den Westen vor Sanktionen. Sie würden sich für beide Seiten nachteilig auswirken, glaubt der für Wirtschaft zuständige Vizepremier Arkadi Dworkowitsch. Zusätzliche Rückendeckung für seine harte Haltung in der Krimkrise bekam Präsident Wladimir Putin am Dienstag durch einen offenen Brief von Künstlern und Intellektuellen. Zu den über 60 Unterzeichnern gehören Stardirigent Waleri Gergijew und Meistertänzer Nikolai Tsiskaridse.

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