»Nennen Sie es Ergebnis-Fußball«
Trainer Oleg Blochin erkennt nach dem Achtelfinalsieg in der Schweiz eine »zweite Ukraine«
Herr Blochin, wie geht es Ihnen nach diesem Erfolg?
Blochin: Ich muss gestehen, ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll, was mir durch den Kopf geht. Die meisten hatten uns schon abgeschrieben, insbesondere nach dem Spiel gegen Tunesien. Heute konnten Sie sich davon überzeugen, dass wir qualitativ guten Fußball spielen können. Beide Teams hätten den Einzug ins Viertelfinale verdient gehabt. Elfmeterschießen ist eben wie russisches Roulette.
Man hatte den Eindruck, dass Ihr Team sehr konservativ spielt?
Was verstehen Sie unter konservativ? Andere Leute sagen, wir spielen gut. Wir spielen vorsichtig. Nennen Sie es Ergebnis-Fußball. Ach, schreiben Sie, was Sie wollen.
Nun geht es am Montag in Hamburg gegen Italien. Was für ein Spiel erwarten Sie?
Wir sind schon so weit gekommem, dass es uns manchmal wie ein Traum erscheint. Im Viertelfinale spielen alle gut, und die italienische Abwehr ist eine sehr sattelfeste. Es wird sehr schwer, überhaupt Torchancen herauszuspielen, daraus mache ich keinen Hehl.
Wann wussten Sie, das Elfmeterschießen sei unvermeidlich?
Irgendwann gegen Ende der Nachspielzeit wurde mir klar, dass Offensive nicht mehr lohnt. Da habe ich die Defensive verstärkt.
Während des Elfmeterschießens waren Sie verschwunden. Was haben Sie gemacht?
Ich bin in die Kabine gegangen. Ich musste mich zurückziehen, denn ich hielt es nicht mehr aus.
Was sagen Sie zu Schewtschenkos verschossenem Elfer?
Was sagen Sie? Schewtschenko hat nicht getroffen? Ach was, das wußte ich ja gar nicht. Nein, nein, jetzt mal Scherz beiseite. Ich habe keine Zweifel an Schewtschenkos Leistung, und seinen Elfer habe ich wirklich nicht gesehen. Nach den 120 Minuten Anspannung hatte ich einfach genug. Ich habe nur gesagt: Leute, macht das unter Euch aus, wer schießt. Wer will, der soll halt schießen.
Wie sah Ihr taktischer Plan gegen die Schweiz aus?
Wir haben die Räume im MIttelfeld eng gemacht und die Schweizer immer weiter zurückgedrängt. Es war unsere taktische Priorität, den Gegner zu drosseln. Aber wir haben auch eine Menge dumme Fehler gemacht und hätten genauso gut ein Tor kassieren können. Die Schweiz war stark. Wir hatten das schon vorher gewusst. Ihr taktisches Modell ähnelte unserem. Wir haben eigentlich gegen eine »zweite Ukraine« gespielt.
Notiert: Jirka Grahl, Köln
Schweiz: Zuberbühler - Philipp Degen, Djourou (34. Grichting), Müller, Magnin - Barnetta, Cabanas, Vogel, Wicky - Yakin (64. Streller), Frei (117. Lustrinelli).
Ukraine: Schowkowski - Gussew, Waschtschuk, Gussin, Nesmatschni - Timostschuk, Schelajew, Kalinitschenko (75. Rotan) - Worobej (94. Rebrow), Woronin (111. Milewski), Schewtschenko.
Elfmeterschießen: Schewtschenko gehalten, Streller gehalten, 0:1 Milewski, Barnetta verschossen, 0:2 Rebrow, Cabanas gehalten, 0:3 Gussew. Schiedsrichter: Archundia (Mexiko). Zuschauer: 45 000 (ausverkauft).
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