Gysi: Rot-rot-grüne Gespräche wohl im Herbst

Chef der Linksfraktion nennt drei Voraussetzung für Mitte-Links-Bündnis / Drei Parteien kommen in Umfragen nicht über 45 Prozent

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Berlin. Trotz der zum Teil heftigen Auseinandersetzungen zwischen SPD, Grünen und Linkspartei in der Krim-Krise will der Vorsitzende der Linksfraktion, Gregor Gysi, ein mögliches rot-rot-grünes Koalitionsbündnis nicht aufgeben. Der Linkenpolitiker kündigte gegenüber dem »Hamburger Abendblatt« Gespräche zwischen den Parteien für Herbst 2014 an. »Ab Herbst wird es wohl Gespräche geben. Das wird auch durch die Krim-Krise nicht verhindert«, sagte Gysi dem Blatt. Er nannte zudem drei Voraussetzungen für eine Koalition von SPD, Grünen und Linken, »wann auch immer«: Erstens müssten die Wahlergebnisse das zulassen. »Dann müssen die Schnittmengen der Politik stimmen.« Und es brauche eine Wechselstimmung in der Bundesrepublik. »Wenn die Deutschen in der Mehrheit eine linke Regierung wollen, dann werden auch Grüne, SPD und wir nicht um die Frage einer Koalition herumkommen«, so Gysi.

In jüngsten Umfragen kamen SPD, Grüne und Linkspartei zusammen auf Ergebnisse zwischen 43 und 45 Prozent. Bei solchen Zustimmungswerten wäre eine Koalition selbst dann unwahrscheinlich, wenn es trotzdem zu einer knappen Mandatsmehrheit im Bundestag reichen würde. Am Mittwoch meldete das Institut Forsa neue Zahlen für den »Stern«. Auch danach bliebe die SPD weiter bei 23 Prozent, Linke und Grüne könnten mit 10 Prozent rechnen.

In den vergangenen Wochen hatte es heftige Kontroversen im rot-rot-grünen Spektrum gegeben. Bisweilen war spekuliert worden, ob diese allein mit inhaltlichen Differenzen zu erklären seien, oder ob nicht auch »maßgebliche Kräfte das Bündnis mit der Kurzformel R2G sehr erfolgreich und wohl auch nachhaltig torpedieren«, so etwa der Tagesspiegel. Diese Kräfte würden »in allen drei Parteien« sitzen, schreibt die Zeitung weiter. »Die Lautsprecher haben mit ihrer Anti-Linksbündnis-Propaganda die Meinungsführerschaft übernommen und die moderaten Kräfte entmachtet.« Allerdings hatte es immer wieder auch Mahnungen gegeben, trotz des Streits nicht den Gesprächsfaden aufzugeben.

Die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau nannte die Schlammschlacht zwischen den drei Parteien nannte die Linken-Politikerin »unsäglich«. Es gelte noch immer, so Pau: »Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer.« Die Vorsitzenden der Linken, Katja Kipping und Bernd Riexiger, hatten in einem Gespräch mit der »Frankfurter Allgemeinen« erklärt, die tiefen Gräben zwischen Linkspartei und Grünen in der Krim-Frage seien nicht das Ende von Rot-Rot-Grün. Dafür sei »der Wille zum Politikwechsel und für ein Reformprojekt« entscheidend.

Bleibt die Frage, welches Interesse vor allem die SPD tatsächlich an einer rot-rot-grünen Möglichkeit hat. Der nach eigenen Angaben für Gespräche mit Linken und Grünen zuständige SPD-Vize Ralf Stegner hatte sich unlängst gegen die öffentliche Meinung gewehrt, er sei ein Befürworter von Rot-Rot-Grün. »Wie es zu dieser Behauptung kommt, kann ich mir gar nicht erklären.« Daraufhin reagierte der Linkenpolitiker Stefan Liebich im Kurznachrichtendienst Twitter mit der Anmerkung: »Könnte in der SPD bitte künftig jemand für die rot-rot-grünen Gespräche verantwortlich sein, der diese Option auch will?« Agenturen/nd

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