Katalonien ist nicht souverän genug
Spanisches Verfassungsgericht erklärte geplante Volksabstimmung für unrechtmäßig
Im Konflikt zwischen Spanien und Katalonien wird der Ton schärfer, nachdem das Verfassungsgericht eine Erklärung des katalanischen Parlaments am Dienstag in Teilen für »verfassungswidrig« erklärt hat. Im Januar 2013 hatte das Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit Katalonien zum »souveränen politischen und juristischen Subjekt« erklärt. Die sei »verfassungswidrig und nichtig«. Als Konsequenz könne die Region - so wenig wie die anderen 16 - »nicht einseitig ein Referendum zur Selbstbestimmung ansetzen«, wie es für den 9. November geplant ist.
Grundsätzlich wird den 7,5 Millionen Katalanen das Recht auf Selbstbestimmung jedoch nicht abgesprochen. Die Bezüge auf das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung werden von den Richtern als verfassungskonform bewertet. Sie sehen darin einen politischen Anspruch, der aber im Rahmen der »verfassungsmäßigen Legalität« umgesetzt werden müsse. Das ist im Kern die Begründung, mit der auch die Europäische Union gegen die Abspaltung der Krim von der Ukraine argumentiert.
Deshalb ist das Urteil nur ein Punktsieg für die rechte Zentralregierung, die vor dem Verfassungsgericht geklagt hatte. Denn anders als die Regierung meint das Gericht, die Verfassung könne reformiert werden. Es gebe keine »Kernvorschrift«, wie die stets beschworene »Einheit Spaniens«, die unveränderbar sei. Sehr unwahrscheinlich ist aber, dass die großen Parteien Änderungen mit einer Zweidrittelmehrheit verabschieden, damit die Katalanen demokratisch abstimmen können. Großbritannien macht in Schottland vor, dass dies möglich ist, und Quebec hat schon zweimal über die Unabhängigkeit von Kanada abgestimmt. Doch die regierende rechte Volkspartei (PP) und die oppositionellen Sozialdemokraten (PSOE) sind stark nationalistisch. Beide begrüßten das Urteil, da sie das Selbstbestimmungsrecht ablehnen.
Wäre es internationale Rechtsnorm, hätte es die Unabhängigkeit Kosovos von Serbien nie gegeben. Die wurde aber von der Mehrzahl der EU-Mitgliedsländer und den USA aktiv befördert. Spanien hatte sich mit Blick auf Katalanen und Basken dem widersetzt und erkennt Kosovo bis heute nicht an, auch nicht nachdem sich die Region einseitig für unabhängig erklärte. Und daran hatte der Internationale Gerichtshofs (IGH) in Den Haag nichts auszusetzen, weil es keine internationale Rechtsnorm gebe, die das verbiete.
Darauf beziehen sich auch die Parteien, die mit großer Mehrheit in Katalonien für das Selbstbestimmungsrecht eintreten. Das Verfassungsgericht, dessen Richter die großen spanischen Parteien bestimmen, sei ein »politisches Organ«. Für den Fraktionssprecher der in Katalonien regierenden konservativen CiU ist das Urteil »bedauerlich«. Es »verdient keinerlei Respekt«, sagte Jordi Turull, denn »erneut wurde nur bewiesen, dass es kein juristisches, sondern ein politisches Organ« sei.
Der katalanische Regierungssprecher Francesc Homs sagte im Interview mit 8tv, das Urteil werde »keinerlei Effekte« haben. Und für die Republikanische Linke (ERC) sagte Pere Aragonès, man werde am Zeitplan festhalten. Katalonien benötige kein spanisches Gericht, das den »politischen Willen im Land« bevormunde. Er wundert sich, dass sich das Gericht überhaupt mit einer politischen Erklärung ohne Gesetzeskraft befasst hat. Auch die linksradikale CUP erkennt das Urteil nicht an, die linksgrüne ICV meint, es gebe legale Wege, um die Bevölkerung entscheiden zu lassen.
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