Scheinfreiheit
Jürgen Amendt zu den Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag für Journalisten an Tageszeitungen
Die Verhandlungen zwischen den Zeitungsverlegern und den Gewerkschaften über einen neuen Tarifvertrag stehen unter keinem guten Stern. Denn der Kreis derer, die in den Genuss eines Tarifvertrages kommen, ist in den letzten Jahren immer weiter geschrumpft; aktuell zählen noch 14 000 Redakteure dazu. Nicht nur die Zahl der Tageszeitungen ist in den vergangenen 15 Jahren geschrumpft, auch die Zahl der festangestellten Redakteure ist gesunken. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der freiberuflichen Journalisten gestiegen. Manche davon verdienen recht gut, viele aber sind nur zum Schein »frei«. Gerade kleinere Zeitungen beschäftigen nur noch eine kleine Stammredaktion; im gleichen Büro arbeiten Redakteure einer nicht tariflich gebundenen Tochterfirma bzw. Journalisten auf Honorarbasis oder mit »frei« ausgehandelten Pauschalverträgen.
Diese Entwicklung ist wiederum nicht frei von einer gewissen Ironie. Galt es vor 15 Jahren noch als Tarifflucht, wenn Verlage, die nicht dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverlage (BDZV) angehörten, mit den Betriebsräten sogenannte Haustarife abschlossen (wie z.B. das »nd«), so kann eine Beschäftigung auf dieser Basis heute geradezu als Privileg gelten. Unter den Blinden wird der Einäugige so zum König.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.