Im Namen der Wasserbüffel

Naturschutzbund sieht das Erpetal durch Baumfällungen im amtlichen Auftrag entwertet

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 4 Min.
Der Bezirk Treptow-Köpenick lässt einen Landwirt Bäume im Naturschutzgebiet Erpetal fällen, um dort Wasserbüffel anzusiedeln. Anwohner und der Naturschutzbund sind empört.
Im Erpetal festgefahrener Traktor
Im Erpetal festgefahrener Traktor

Seit Mitte Februar gibt es einige Unruhe im Erpetal. Zwischen Friedrichshagen und Hirschgarten unterquert der kleine Nebenfluss der Spree die S- und Fernbahntrasse. Von Altlandsberg kommend, dort noch als Neuenhagener Mühlenfließ, bildet das Gewässer eine der letzten Auenlandschaften Berlins. Im Erpetal wurden nun plötzlich Bäume gefällt - wie sich herausstellte, im Auftrag des Umwelt- und Naturschutzamtes Treptow-Köpenick. 76 Bäume fielen den Kettensägen zum Opfer. Etliche Anwohner fragten sich, ob das rechtens sei, ist das Erpetal doch ein Landschaftsschutzgebiet und soll der Naherholung dienen.

Demnächst könnten hier aber einige Wasserbüffel stehen, um den Bewuchs kurz zu halten und eine Verbuschung zu verhindern. Damit gebe es gute Erfahrungen unter anderem auf der Pfaueninsel, heißt es aus dem Amt für Umwelt und Naturschutz. Aber es gibt auch Widerspruch: Auf den Wasserbüffelweiden im Unteren Odertal entstanden gerade keine Brutplätze für Wiesenbrüter wie erhofft, sondern eine dichte verfilzte Pflanzendecke. Tierärzte warnten schon vor Jahren vor einer nicht erwünschten Veränderung der Fauna, weil die Büffel bestimmte Arten bevorzugen. Diese werden dann überweidet, andere breiten sich stärker aus. Fraglich ist auch, wo die Tiere in einem strengen Winter untergebracht werden. Deutsche Züchter empfehlen einen offenen Unterstand. Um so etwas ausreichend stabil zu bauen, müsste erneut in das schon jetzt geschädigte Gelände eingegriffen werden.

Ein Wasserbüffelprojekt war in den Treptow-Köpenicker Amtsstuben schon länger angedacht. Eigentlich sollte es im Juni der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Offenbar gab es plötzlich eine Geldquelle, um den Zaun um das künftige Weidegelände zu finanzieren: Ausgleichszahlungen für den Ausbau der Fernbahnstrecke von Berlin nach Frankfurt (Oder). Nun musste schnell die verbleibende Zeit bis zu Beginn der Vogelbrut - Stichtag ist normalerweise der 1. März - genutzt werden, um die Trasse für den Zaun freizulegen. Allerdings hat die Brutzeit in diesem Jahr bereits früher als sonst begonnen, was gerade einem Umweltamt nicht entgangen sein sollte. Schlimmer noch: Bis Ende voriger Woche wurden für die Räumung der gefällten Bäume die Fristen seitens des Amtes immer wieder verlängert. Traktoren sanken in den Boden und wurden von anderen Traktoren wieder befreit. Auch mitten auf der künftigen Weidefläche wurden Bäume gefällt, angeblich um Gefahren für die Büffel auszuschließen.

In der Antwort auf eine erzürnte Eingabe an den Bezirksbürgermeister, listet Umweltstadtrat Rainer Hölmer für jede gefällte Baumart eine Begründung auf. Der Treppenwitz bei der Geschichte: Nicht typische Pflanzenarten für das Feuchtgebiet, darunter sogenannte Neophyten, sollen weichen, damit tierische Exoten mehr Platz haben.

Über diese Art Naturschutz schütteln viele Bürger nur den Kopf, zumal die Fällaktion weder erklärt noch angekündigt war. Anja Sorges vom Naturschutzbund Berlin sieht den Charakter des Schutzgebietes - es handelt sich um eine Erlen- und Weidenbruchgesellschaft - bereits als verloren an. Ihre Organisation wird eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen das Bezirksamt einreichen und auch eine Klage anstrengen. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz hat dies vor. Eher kontraproduktiv auch im Sinne der Naturschützer ist eine inzwischen schon kleine Serie von Brandanschlägen gegen die jetzt im Erpetal eingesetzten Traktoren. Am 14. oder 15. März wurde zunächst ein Fahrzeug der Marke »Belarus« in Flammen gesetzt, in der vergangenen Woche ein weiterer Traktor, der in der Nacht zum 19. März brannte. Das Landeskriminalamt ermittelt.

Offen bleibt, warum der Stadtbezirk gerade dem Landwirt Dirk M. aus Gosen-Neu Zittau für 15 Jahre das kostenlose Recht übertragen hat, Büffel in das zwölf Hektar große Gelände zu holen. Der Mann hatte in diesem Zuge die Fällgenehmigung erhalten. Er mähte die Wiesen bereits in früheren Jahren. Bezirksstadtrat Hölmer musste schon einräumen, dass Dirk M. im Erpteal über die Genehmigung hinaus tätig wurde.

Dirk M. ist aber kein unbeschriebenes Blatt. In den Jahren 2005 und 2006 hatten Tierschützer ihn wegen schlechter Haltung von Schafen angezeigt. Unter anderem waren im Januar 2006 auf von M. gepachteten Wiesen über 20 verendete Schafe im Schnee entdeckt worden. Der Landwirt ließ tote, darunter bereits skelettierte Tiere einfach dort liegen, wo der Rest der Herde weiter weidete.

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