Steinbrück warnt vor NATO-Drohgebärden gen Russland
Grünen-Vorsitzende Peter: Nicht in Konfrontation wie im Kalten Krieg zurückfallen / Medienbericht: NATO-interne Debatte um strategische Neuausrichtung
Berlin. Während die Bundesregierung offenbar weitere, auch militärische Unterstützung für die osteuropäischen NATO-Staaten anbieten will und der SPD-Politiker Rainer Arnold auf eine Stärkung der Kapazitäten der NATO drängt, warnten die Grünen-Vorsitzende Simone Peter und der Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück vor militärischen Drohgebärden gegen Russland. Peter sagte der »Saarbrücker Zeitung«, zwar stehe ihre Partei hinter dem »klaren Stufenplan bis hin zu harten Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland«. Allerdings solle die NATO an ihren Außengrenzen jetzt nicht das Signal setzen, dass sie militärisch gegen Russland aufrüste. »Das könnte die diplomatischen Bemühungen konterkarieren. Wir dürfen in Europa nicht in eine Konfrontation wie im Kalten Krieg zurückfallen.«
Auch der frühere SPD-Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück äußerte Kritik. Gegenüber stern.de sagte der Sozialdemokrat, an der Eskalation der Krim-Krise sei nicht nur Russland schuld. »Auch der Westen hat Fehler gemacht«, so Steinbrück, der dabei vor allem auf das ungebremste Vordringen der NATO in Osteuropa abzielte. »Wir sollten uns gelegentlich an die Zusagen erinnern, die wir Russland mit Blick auf seine Sicherheitsinteressen 1990 bei den Verhandlungen über die Deutsche Einheit gegeben - und nicht eingehalten haben. Der Westen glaubte noch auf dem Nato-Gipfel 2008 in Bukarest, er könne aus dem implodierten Sowjetimperium einfach ein paar Bausteine herausbrechen und in die NATO überführen. Diese Stimmen kann man bis in die jüngste Zeit hören. Das ist ignorant und höchst fahrlässig.«
Derweil plant die Bundesregierung offenbar, bis Mitte April weitere, auch militärische Unterstützung für die osteuropäischen NATO-Staaten anzubieten. Das berichtet der »Spiegel«. Grund sei ein entsprechender Aufruf des NATO-Oberbefehlshabers Philip Mark Breedlove. Laut dem Magazin werde im Verteidigungsministerium derzeit »im engsten Führungskreis eine entsprechende Vorschlagsliste erstellt«. So sollen unter anderem gemeinsame Bundeswehr-Manöver etwa mit polnischen oder baltischen Staaten angeboten werden. Auch werde erwogen, »ein für 2015 in Südeuropa geplantes Nato-Manöver vorzuziehen und nach Osten zu verlegen«, berichtet der »Spiegel« vorab. Die »dauerhafte Stationierung« von schwerem Gerät oder Kampftruppen schließe die Bundesregierung »hingegen derzeit aus«.
Zudem streiten SPD und Union offenbar über eine grundsätzliche Änderung der deutschen Verteidigungspolitik. Dem »Spiegel« sagte der SPD-Politiker Rainer Arnold, »wir müssen darüber nachdenken, ob das unkontrollierte Absenken der Panzerflotte innerhalb der Nato richtig war«. Er regte ferner an, dass »Europa schnellstmöglich die gemeinsame Entwicklung einer Drohne auf den Weg bringen« solle. Auch die Entscheidung, den »Euro Hawk« nicht anzuschaffen, solle laut dem Sozialdemokraten »überdacht« werden. Dagegen wird der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, in dem Magazin mit den Worten zitiert: »Die aktuelle Situation der Krim-Krise hat auf die Rüstungsprojekte der Bundeswehr null Einfluss.«
Im Hintergrund würde eine »NATO-interne Debatte um eine strategische Neuausrichtung des Bündnisses ablaufen«, die sich »an einer anhaltenden, auch militärischen Konfrontation der NATO mit Russland orientieren soll«. Laut »Spiegel«-Informationen werde unter anderem diskutiert, »die Bereitschaft der westlichen Land- und Luftstreitkräfte zu erhöhen. Zurzeit würde es 180 Tage dauern, bis die große Masse verlegt und einsatzbereit wäre. Diese Spanne könnte verkürzt werden. Das beträfe auch mindestens 10.000 Bundeswehrsoldaten«. Agenturen/nd
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!