Mehr Augenmaß beim Managergehalt
EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier will Corporate-Governance-Richtlinien ändern
Die EU-Kommission will die Rechte der Aktionäre auf den Hauptversammlungen stärken. So sollen sie über die Vergütung der Vorstände bindend entscheiden können. Das sieht die Richtlinie zur Reform des Aktienrechts vor, die Brüssel am Mittwoch verabschieden will. In Deutschland ist die Vergütung der Vorstände bislang Aufgabe des Aufsichtsrates und unterliegt damit der Mitbestimmung. Allerdings wird in den meisten größeren deutschen Unternehmen auch die Meinung der Hauptversammlung eingeholt - jedoch als nicht bindende Formsache.
Das Thema Vorstandsvergütung ist Teil eines Paketes von Binnenmarktkommissar Michel Barnier, mit dem er die Corporate Governance (Grundsätze der Unternehmensführung) von börsenorientierten Unternehmen ändern will, um deren »Wettbewerbsfähigkeit und langfristige Nachhaltigkeit« zu erhöhen.
Bereits im Jahr 2004 hatte die Kommission »angemessene« Vergütungsregelungen für Vorstände börsennotierter Gesellschaften empfohlen. Ziel damals wie heute ist es, die Aktionärsrechte und Vergütungsregeln in der EU zu vereinheitlichen.
2010 verabschiedete die Kommission eine weitere, erst kürzlich novellierte Richtlinie, die speziell die Banken zu soliden Vergütungspraktiken verpflichtet und den Anreiz zu riskanten Finanzspekulationen verringern soll. So sollen die variablen Bonuszahlungen in den oberen Führungsetagen auf die jeweilige Höhe ihrer Grundvergütung begrenzt werden.
Kurz vor der Bundestagswahl beschloss die schwarz-gelbe Bundesregierung mit Blick auf Brüssel ebenfalls eine Reform der Vergütungsregeln. Darin hieß es lediglich, dass die Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen »das Verhältnis der Vorstandsvergütung zur Vergütung der Belegschaft insgesamt« berücksichtigen sollten. Die Kontrollgremien definieren demnach, wie viel Mal mehr der Vorstand im Vergleich zu einem durchschnittlichen Arbeitnehmer verdienen kann. Dieses Verhältnis ist nach Belieben veränderbar, eine gesetzliche Obergrenze ist nicht vorgesehen. Diese Änderung wurde deshalb im Bundesrat von den SPD-regierten Ländern gestoppt.
Auch im neuen Koalitionsvertrag ist eine entsprechende Reform vorgesehen. Doch verhinderte die Union eine konkrete Deckelung. Im zuständigen Justizministerium hieß es, man warte zunächst auf die Vorgabe aus Brüssel. Gegen die partielle »Entmachtung« des Aufsichtsrates haben vor allem die Gewerkschaften protestiert. Sie hatten bei der SPD durchgesetzt, dass nunmehr das ganze Plenum des Kontrollgremiums und nicht mehr nur ein drei- bis vierköpfiger Präsidialausschuss über Managergehälter entscheidet. Auch Manfred Gentz, Vorsitzender der Regierungskommission »Corporate Governance Kodex« sieht eine Verlagerung der Kompetenz in die Hauptversammlung als »wenig sinnvoll und zielführend« an. Davon profitierten weniger die Kleinaktionäre als die auf einer Hauptversammlung meist dominierenden Kapitalsammelstellen.
Vorbild für die EU ist die Schweiz. Bei einer Volksabstimmung im März 2013 siegte die »Anti-Abzocker-Initiative«, die aus der konservativen Ecke kam. Sie war eine Reaktion auf die Forderung des ehemaligen Novartis-Chefs Daniel Vasella, der sich seinen Ausstieg mit 72 Millionen Euro versüßen ließ. Während die Volksabstimmung mit der Stärkung der Aktionärsrechte sowie der Begrenzung von Abfindungen und anderen Sondervergütungen erfolgreich war, konnte im November eine Initiative der Jungsozialisten keine Mehrheit erreichen. Sie forderten eine Beschränkung des Gesamtgehaltes auf das Zwölffache des Lohnes eines einfachen Arbeiters. Die EU orientierte sich nur an der ersten Abstimmung.
In Deutschland reicht die Spanne der Vergütungen der Vorstandsvorsitzenden der 30 DAX-Unternehmen von 1,3 Millionen (Commerzbank-Chef Martin Blessing) bis 15 Millionen Euro (VW-Chef Martin Winterkorn). Letzterer liegt international auf Platz acht der Liste der bestverdienenden Manager hinter sieben US-Amerikanern.
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