Sieben Tage, sieben Nächte
Gabriele Oertel über das Flugwesen, das sich wohl doch nicht so entwickelt, wie von Grigori Kossonossow versprochen
Michail Sostschenko hat irgendwie doch Recht gehabt. Das Flugwesen entwickelt sich tatsächlich. Nur nicht ganz in die Richtung, wie sein etwas linkisch argumentierender Grigori Kossonossow das einst den Bäuerlein im Dorfsowjet des Heimatdorfes fern von Moskau prophezeit hat. Jahrzehnte später geraten bei der stolzen Luftfahrt längst nicht mehr nur die Kühe in den Propeller.
Mit schöner Regelmäßigkeit fallen an jedem Wochenende Kleinflugzeuge vom Himmel. Auch ganz riesige Exemplare - die Welt musste es gerade leidvoll erfahren - verschwinden mit Hunderten Passagieren einfach vom Radar und werden über Wochen nicht gefunden. Selbst die Kanzlerinnenmaschine erwies sich als nicht sonderlich sicher, nachdem es ein 24-Jähriger im vorigen Sommer auf dem militärischen Teil des Flughafens Köln/Bonn bis ins Cockpit geschafft hatte und sich stundenlang darin völlig unbehelligt aufhielt. Ganz abgesehen davon, dass gerade in der Hauptstadt vorexerziert wird, wie langsam und teuer die Entwicklung des Flugwesens im real existierenden Kapitalismus vonstatten gehen kann.
Bruchlandungen, wie sie inzwischen Hartmut Mehdorn und Klaus Wowereit fast täglich hinlegen, konnte freilich der Wächter der Fliegerschule im von Sieg zu Sieg hastenden Sozialismus nicht im Entferntesten ahnen. Er setzte von keinem Zweifel gerührt auf die fliegende Zunft. Wir müssen offenbar auch im Flugwesen nach Alternativen suchen. Aber das »unten Bleiben« ist nicht ohne - und das nicht nur wegen der Benzinpreise.
Gerade hat der aus dem Land jedweden Fortschritts stammende Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt angekündigt, dass die Pkw-Maut Anfang 2016 kommen wird. So bajuwarisch pfiffig das gut anderthalb Jahre vor der nächsten Bundestagswahl auch terminiert sein mag, dass der CSU-Mann damit letztlich beim Wähler eine weiche Landung hinlegt, ist unwahrscheinlich. Vielleicht ist er aber höchstselbst ohnehin bis dahin längst aus dem Merkel-Kabinett geflogen - denn außer dieser einen Verheißung hat er in den ersten mehr als 100 Tagen noch keinen einzigen Start hinbekommen.
Wenn die Fortbewegung per Flugzeug oder Auto nicht mehr so richtig funktioniert, bleibt außer dem Fahrrad oder dem Mofa - und auf beiden dürfte die Kanzlerin als Retterin Europas keine allzu gute Figur machen - nur noch eine Möglichkeit. Die hat ein sozialdemokratischer Kanzlerkandidat übrigens längst schon erwogen. Mit der Kavallerie wollte Peer Steinbrück in der Schweiz vorstellig werden, um die heimischen Überflieger in Sachen Steuerhinterziehung vom Himmel holen zu können. Auch Pferde? In der Frage künftiger Fortbewegung kann man es getrost mit Grigori Kossonossow halten: Auch Pferde! oer
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