Sparer, Kleinanleger und der Fall Hoeneß
Geldanlagen
Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München II hatte sich unter Zeitdruck gesetzt. In nur vier Tagen blieben also viele Fragen offen, darunter auch: Mit welchen Finanzprodukten hat der Bayern-Präsident eigentlich spekuliert?
Zeitweilig sollen sich auf Hoeneß' Konto mehr als 150 Millionen Euro befunden haben. In den Abrechnungen - 70 000 Belege wurden von der Schweizer Vontobel Bank erstellt - tauchen Sprünge in Millionenhöhe auf. Vieles spricht dafür, dass Hoeneß große Summen vor allem mit Devisengeschäften bewegte.
Der Handel am Geldmarkt ist dabei alles andere als einfach. Bei Rohstoffen können sich viele private Investoren, aber auch Kleinsparer noch gute Gründe vorstellen, warum Preise fallen oder steigen - schlechte Ernten, Naturkatastrophen, das Spiel von Angebot und Nachfrage. Auch Aktien scheinen greifbarer. Schließlich gibt es handfeste Gründe, warum »Monopole« wie Siemens oder JP Morgan auch zukünftig erfolgreich sein könnten. Aber Devisen?
Blick auf die Wechselkurse
Am Devisenmarkt stehen sich immer zwei Währungen gegenüber. Beide unterliegen diversen Einflüssen - von der Wirtschaftskonjunktur, über die Höhe der Zinssätze bis zur Geldpolitik der Notenbank. Wer sich davon nicht beirren lässt, kann auf steigende Kurse beispielsweise des US-Dollar wetten oder auf den Fall des Dollar oder auf sogenannte Seitwärtsbewegungen. In ruhigen Zeiten verändern sich die Wechselkurse zwischen den großen Währungen kaum. Mal geht der eine in paar Cent rauf, mal der andere ein paar runter und am Ende treffen sich die Währungskurse wieder am Ausgangspunkt. Auch auf solche Seitwärtsbewegungen lässt sich spekulieren.
Roulette für Kleinanleger
Auf dem Währungsmarkt bestehen vielfältige Möglichkeiten, um selbst kleines Geld anzulegen. Devisen werden getauscht (»Swap«) oder auf »Termin« ge- und verkauft oder auch mit sofortiger Wirkung (»Kassageschäft«) gehandelt. Für finanziell potente Amateuranleger wie Hoeneß bieten Banken halbautomatische Spielsysteme an. Etwa nach der Martingale-Methode, die auf simplen mathematischen Regeln basiert. Roulette-Spielern ist diese Methode vertraut. Der Spieler setzt 10 Euro auf Rot. Die Kugel fällt jedoch auf Schwarz. Daraufhin verdoppelt der Spieler seinen Einsatz auf 20, 40, 80, 160 Euro - bis endlich die Kugel ins Schwarze fällt. Die Trefferwahrscheinlichkeit ist offensichtlich sehr hoch (wenn es schief geht, sind es allerdings erst recht die Verluste).
Dieses Spiel funktioniert ebenso bei Spekulationsgeschäften mit Dollar, Yen oder Euro. Allerdings sind die Gewinnmargen gering. Daher »hebeln« viele Hoeneßianer. Dazu werden massenhaft Optionen (»Möglichkeiten«) gekauft, die zunächst einen geringen Kapitaleinsatz erfordern. Der Preis ist erst bei Fälligkeit zu entrichten - entweder vom Spieler oder von seinem Gegenpart, meist eine Bank oder Fondsgesellschaft. Die Hebelwirkung beträgt 200 zu 1 und mehr. So kann aus einem kleinen Gewinn im Roulette-Spiel ein großer Gewinn durch den Kauf von Hebel-Papieren entstehen. Oder ein gewaltiger Verlust.
Uli Hoeneß hat offensichtlich viel Glück gehabt. Normalen Sparern und Kleinanlegern werden solche exzessiven Möglichen selten von ihrer Bank offeriert. Es soll allerdings vorgekommen sein. Das Risiko ist allerdings ungeheuerlich und die Komplexität so hochgradig, dass Devisenprodukte nur etwas für Profis sind.
Wappnen gegen Kursverfall
Trotzdem können sogar Kleinanleger in Versuchung geraten. Wer ein paar tausend Euro wirklich übrig hat, kann darüber nachdenken, etwa ein Zehntel davon in einer fremden Währung anzulegen. Damit kann man sich beispielsweise gegen einen Kursverfall des Euro wappnen.
Denkbar ist auch der Fall, dass man eine Reise in die Vereinigten Staaten plant oder die Tochter ein Semester in England studieren möchte. Dank der Erasmus-Stipendien haben auch Kinder aus wenig begüterten Familien die Möglichkeit dazu.
Devisen- und Währungsfonds
Dann kann es durchaus zweckmäßig sein, sich den aktuell günstigen Eurokurs zu sichern, indem man amerikanische Dollar oder britische Pfund heute schon kauft. Dazu können Sie ein Konto für Fremdwährungen eröffnen. Es funktioniert ähnlich wie ein Tagesgeldkonto. Sie können also schnell an Ihr Geld, und ein paar Zinsen (oder Kursgewinne) können auch noch herausspringen.
Weniger attraktiv sind dagegen Devisen- oder Währungsfonds. Ratgeberautor Markus Neumann (»Banker verstehen«) hat festgestellt, dass die meisten für Privatanleger zugänglichen Devisenfonds in den vergangenen Jahren ein Minus machten.
Hermannus Pfeiffer
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