Für ostdeutsche Frauen weniger Mütterrente
Fragen & Antworten zur Mütterrente ab 1. Juli 2014
Ist es zutreffend, dass Mütter mit kurzen Babypausen von der Mütterrente wenig oder gar nicht profitieren werden?
Ja, betroffen sind in erster Linie Frauen der Jahrgänge 1950 bis 1972, die bereits ein Jahr nach der Geburt des Kindes wieder einer Erwerbstätigkeit nachgingen und die erst nach dem 30. Juni 2014 in den Ruhestand gehen. Ihr Rentenanspruch aus dem damals erzielten Einkommen wird mit der Mütterrente verrechnet.
Das betrifft in erster Linie ostdeutsche Mütter. Denn in der DDR gingen rund 90 Prozent aller Frauen im erwerbfähigen Alter arbeiten. Der größte Teil von ihnen kehrte nach einjähriger Babypause wieder in den Beruf zurück. Folglich arbeiteten sie im zweiten Jahr der Geburt wieder und erzielten ein Einkommen. Im Westen lag die Erwerbsquote bis vor 1989 zwischen 20 und 37 Prozent. Zudem arbeiten die wenigsten Frauen in den alten Bundesländern im Gegensatz zu den Frauen in den neuen Bundesländern in Vollzeit.
Was hat das für Konsequenzen hinsichtlich der Mütterrente?
Im Extremfall können Frauen im Osten, die im zweiten Jahr nach der Geburt ihres Kindes wieder die volle Berufstätigkeit aufgenommen haben, Ansprüche auf bis zu rund 317 Euro pro Jahr nicht gelten machen. In gleichen Fällen bei Frauen aus dem Westen sind es sogar rund 344 Euro. Bei einer Rentenbezugsdauer von 25 Jahren kommt ein Minus von 7917 Euro im Osten und 8583 Euro im Westen zustande. Dieses Manko trifft vor allem die ostdeutschen Mütter, weil sie mehrheitlich im zweiten Jahr nach der Geburt des Kindes wieder ihre Berufstätigkeit aufgenommen haben.
Wie ist die geltende Rechtslage zu erklären?
Jeweils einem Elternteil - zumeist der Mutter - werden für jedes nach 1991 geborene Kind drei Erziehungsjahre für die Rentenberechnung gutgeschrieben. Dabei geht die Rentenversicherung davon aus, als habe die Mutter in den ersten drei Lebensjahren des Kindes ein durchschnittliches Einkommen erzielt, wofür sie pro Jahr einen Rentenpunkt pro Kind erhält, also demzufolge drei Rentenpunkte. Der Wert eines Rentenpunktes beträgt ab 1. Juli 2014 im Osten 26,39 Euro, im Westen 28,61 Euro. Für ein nach 1991 geborenes Kind gibt es also monatlich bis zu 79,17 Euro im Osten und 85,83 Euro im Westen. Aber: Rentenansprüche aus Zeiten eines Arbeitseinkommens mindern die Mütterrente. Es werden nämlich für die Erziehungsjahre nur so viele Rentenpunkte angerechnet, wie ein Arbeitnehmer höchstens hätte erzielen können.
Um das an einem Beispiel zu illustrieren: Ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer im Jahr 1995 mit Einkommen über der damals geltenden Beitragsbemessungsgrenze (umgerechnet rund 45 000 Euro) konnte maximal 1,83 Rentenpunkte ansammeln. Eine Mutter, die in diesem Jahr mit ihrem Arbeitseinkommen einen Rentenanspruch von 1,1 Punkten erwarb, erhält nicht einen vollen Rentenpunkt für die Mütterrente, sondern nur 0,73 Punkte. Sie kommt damit auf die maximal in diesem Jahr erreichbare Rentenpunktzahl von 1,83 Punkte, womit ihr 0,27 Rentenpunkte verloren gehen, was im Osten monatlich 7,13 Euro und im Westen 7,73 Euro ausmacht. Diese Regelung gilt auch weiterhin für alle Mütter in Ost und West.
Die neue Mütterrente bezieht sich auf Kinder die vor 1992 geboren wurden. Bisher wurden für jedes dieser Kinder ein Erziehungsjahr und damit ein Rentenpunkt gutgeschrieben. Künftig sollen es nach den gesetzliche Festlegungen für die neue Mütterrente zwei Jahre pro Kind sein, was die ostdeutschen Mütter mit Renteneintritt nach dem 30. Juni 2014 insofern benachteiligt, weil sie nach einjähriger Babypause wieder in die Berufstätigkeit zurückkehrten und damit im zweiten Erziehungsjahr wieder ein Einkommen erzielten, das sich nun mindernd auf die Mütterrente auswirkt. Bei sozialversicherungspflichtigen Einkünften über der Beitragsbemessungsgrenze im Erziehungsjahr entfällt die Mütterrente komplett. Ergo: Ein hohes Arbeitseinkommen kann dazu führen, dass für die Neurentnerinnen überhaupt keine zusätzliche Mütterrente gezahlt wird.
Für Bedarfsrentnerinnen bleibt alles beim Alten?
Ja, das neue Gesetz über die Mütterrente unterscheidet nach »Bedarfsrentnerinnen«, die bis zum 30. Juni 2014 in Rente gehen, und zwischen Neurentnerinnen, die ab 1. Juli 2014 Rentenbezieher sind. Daraus folgt: Die vorstehend erläuterte Verrechnung der Rentenanwartschaften mit der Mütterrente wird nur bei Neurentnerinnen durchgeführt. Altrentnerinnen erhalten weiterhin pauschal einen Entgeltpunkt gutgeschrieben, also monatlich 26,39 Euro im Osten und 28,61 Euro im Westen, egal was sie damals verdient haben. Hintergrund dieser Regelung ist, dass andernfalls Millionen bereits berechneter Renten völlig neu berechnet werden müssten. Das wollte der Gesetzgeber vermeiden. Agenturen/joh
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