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Fluch und Segen der starken Liga

Nach dem Triple 2013 müssen Wolfsburgs Fußballerinnen neue Erfahrungen machen

Turbine Potsdam empfängt am Sonnabend Wolfsburg zum Halbfinalhinspiel der Champions League. Der Titelverteidiger vom VfL reist mit der Last vergangener Erfolge an.

Der letzte internationale Titel ging an deutsche Fußballerinnen. Im vergangenen Juli gewann die DFB-Elf im Finale gegen Norwegen die Europameisterschaft. Die zuletzt vergebene internationale Trophäe im Klubfußball landete ebenfalls in Deutschland. Im Finale der Champions League 2013 bezwang der VfL Wolfsburg die favorisierten Spielerinnen von Olympique Lyon. Und auch vor dem diesjährigen Endspiel steht fest, dass eine deutsche Mannschaft im Estádio do Restelo am 22. Mai in Lissabon um den Titel spielen wird.

Am Sonnabend treffen im Halbfinalhinspiel Turbine Potsdam und die Titelverteidigerinnen aus Wolfsburg um 14 Uhr im Karl-Liebknecht-Stadion aufeinander. Das deutsch-deutsche Halbfinale beweist ebenso wie die Titel der Nationalelf die Stärke der Bundesliga. Der Grund dafür ist die große Ausgeglichenheit an der Spitze. Nach 15 Spieltagen haben immer noch drei Klubs die Chance auf die Schale: Spitzenreiter Potsdam liegt einen Punkt vor dem 1. FFC Frankfurt und vier Zähler vor Wolfsburg. Selbst der FC Bayern München ist als Vierter nicht weit weg.

Die große nationale Konkurrenz fördert die internationale Wettbewerbsfähigkeit enorm. Olympique Lyon, der Champions-League-Sieger von 2011 und 2012, scheiterte im Achtelfinale auch, weil er in der heimischen Division 1 nicht genug gefordert wird. Seit 2007 gewannen die Fußballerinnen von OL alle Meistertitel. Arsenal London, 2012 im Halbfinale der Königsklasse an Wolfsburg gescheitert, kam in England gar neunmal hintereinander zu Titelehren. In der Bundesliga gab es in den vergangenen sechs Jahren immerhin drei verschiedene Meister.

Davon war es dreimal Potsdam, obwohl Turbine regelmäßig Nationalspielerinnen an die zahlungskräftigere Konkurrenz abgeben musste. »In Potsdam wird nach wie vor sehr gut gearbeitet«, lobt Ralf Kellermann seinen heutigen Gegner. Während für Turbine, gestärkt durch viele Erfolgen und jahrelange Spitzenkämpfe, großer Druck etwas Selbstverständliches ist, machen der Wolfsburger Trainer und seine Mannschaft in dieser Saison eine ganz neue Erfahrung. Die drei Titel 2013 - Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League - waren die ersten der Vereinsgeschichte. »Das Triple ist etwas Einmaliges gewesen. Jeder, der sich mit Fußball beschäftigt, weiß, dass die Wiederholung eines solchen Erfolges so gut wie unmöglich ist. Die Erwartungen sind mit Sicherheit gestiegen, aber darauf waren wir auch eingestellt«, so Kellermann gegenüber »nd«.

Den Fluch der starken Liga und die Last des Erfolgs bekamen die Wolfsburgerinnen aber dennoch zu spüren - aus dem eigenen Verein. »Ich bin mit dem Saisonverlauf nicht zufrieden«, sagte VfL-Geschäftsführer Thomas Röttgermann Mitte März. »Unser Ziel war es immer, eine stetige Weiterentwicklung der Mannschaft sehen zu können. Das ist in dieser Spielzeit so nicht zu erkennen.«

Diese Kritik sieht Kellermann rückblickend sogar positiv: »Auch wir als Trainerteam hinterfragen unsere Arbeit immer wieder. Darüber hinaus kann eine solche öffentliche Kritik eine Mannschaft auch einmal wachrütteln.« Und tatsächlich: Seitdem haben die Wolfsburgerinnen all ihre Spiele gewonnen. »Wir sind aktuell in einer sehr guten Verfassung«, stellt Kellermann zufrieden fest. Auch gut genug für eine neue Trophäe? Im DFB-Pokal ist der VfL Wolfsburg nicht mehr dabei. Und selbst wenn Kellermann »nach wie vor berechtigte Hoffnungen« hat, »auch in der Liga den Titel zu verteidigen«, bietet die Champions League wohl die realistischere Chance auf eine Wiederholung des Vorjahreserfolgs. Und Erfolge sind bei den von VW finanzierten Fußballerinnen ein noch größeres Kriterium als bei anderen Klubs.

Wie Turbine Potsdams Trainer Bernd Schröder kann aber auch Ralf Kellermann keinen Favoriten im Halbfinale ausmachen. »Deshalb werden es Kleinigkeiten sein, die über das Weiterkommen entscheiden. Es wird auf die Tagesform ankommen, auf die Chancenverwertung, die Fehlerquote und auf die Nerven«, glaubt der VfL-Coach.

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