Abrechnung nach dem Abstieg
Nach dem Zweitligaaus von Energie Cottbus steht die Klubführung in der Kritik
Als der schleichende Niedergang des FC Energie Cottbus in die 3. Liga am Sonnabendnachmittag auch auf dem Papier perfekt war, rechneten die Erfolgsväter früherer Jahre mit der aktuellen Klubführung ab. Ex-Trainer Eduard Geyer und Ex-Präsident Dieter Krein, die die Lausitzer einst gemeinsam mit Manager Klaus Stabach von der Drittklassigkeit in die Bundesliga geführt hatten, kritisierten vor allem den scheidenden Präsidenten Ulrich Lepsch scharf. »Er hat den Verein über Jahre ins sportliche Nichts geführt. Sein Führungsstil war fast schon diktatorisch«, sagte Krein. Auch Geyer ließ kein gutes Haar an den wichtigen Entscheidungen in dieser Horrorsaison: »Um den Sportdirektor-Posten gab es immer wieder Querelen. Da ist vieles schiefgelaufen, genau wie bei der Trainerwahl.«
»Ede Gnadenlos«, wie der Coach wegen seiner Vorliebe für intensive Trainingsarbeit früher genannt wurde, kritisierte auch die fehlende Mentalität in der Mannschaft: »Es gibt ein paar gute Einzelspieler, aber kaum einer hat sich den Arsch aufgerissen. Sie wollten Fußball spielen, aber der unbedingte Wille zum Sieg hat gefehlt.« Das war auch bei der völlig verdienten 1:3 (0:2)-Niederlage am Sonnabend beim FSV Frankfurt der Fall. Interimstrainer Jörg Böhme entschuldigte sich daher später auch bei den Anhängern: »Sorry an alle mitgereisten und daheimgebliebenen Fans, wir haben das Wunder von der Lausitz leider nicht geschafft. Das ist verdammt bitter.«
Als Böhme dann in der Pressekonferenz auf seine persönliche Zukunft beim FC Energie Cottbus angesprochen wurde, reagierte der Ex-Nationalspieler dünnhäutig. »Du erwartest doch nicht nach so einem Spiel, nach so einem Ausgang, dass ich mir jetzt Gedanken über meine Person mache«, raunzte Böhme einen Journalisten an: »Hast du mal Sport gemacht? Denk mal drüber nach! Das ist ja ein Wahnsinn!«
Es gilt als wahrscheinlich, dass Böhme, der die Mannschaft als Nachfolger des völlig glücklosen Stephan Schmidt zumindest etwas wachrütteln konnte, durch einen neuen Cheftrainer ersetzt wird. Als Wunschkandidat gilt Peter Vollmann, der über reichlich Trainererfahrung in der 3. Liga verfügt. Zuvor soll aber der neue Sportdirektor vorgestellt werden, der aller Voraussicht nach Roland Benschneider heißt. Der Ex-Profi saß auch am Sonnabend schon in Frankfurt am Main im Stadion und dürfte spätestens jetzt wissen, dass da eine schwere Aufgabe auf ihn wartet. »Es war furchtbar, was die sich in Frankfurt zusammengestochert haben«, wetterte Energies Ex-Präsident Dieter Krein: »Eigentlich hätten sie sechs Stück kassieren müssen.«
Der Cottbuser Kapitän Uwe Möhrle konnte den Abstieg angesichts der durchaus vorhandenen Qualität im Kader nicht fassen: »Das hätten wir uns nie träumen lassen, umso peinlicher ist es für uns.« Das Ziel ist der sofortige Wiederaufstieg, doch Leistungsträger wie die Stürmer Boubacar Sanogo oder Marco Stiepermann werden nur sehr schwer zu halten sein. Die Drittligalizenz bekam der FC Energie zwar ohne Auflagen, doch drastische finanzielle Einschnitte sind unumgänglich. So wird der Spieleretat in der kommenden Drittligasaison von derzeit 8,5 Millionen Euro auf vier Millionen Euro mehr als halbiert. SID
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