Prokon-Anleger müssen weiter warten
Insolvenzverfahren eröffnet
Itzehoe. Gut drei Monate nach dem Antrag hat das Amtsgericht Itzehoe das Insolvenzverfahren über das Windanlagen-Unternehmen Prokon eröffnet. Das teilte das Insolvenzgericht am Donnerstag mit. Betroffen von dem Verfahren ist die Prokon Regenerative Energien GmbH mit 480 Mitarbeitern. Andere Firmen aus dem Prokon-Bereich mit gut 800 Mitarbeitern sind nicht insolvent.
Die Prokon Regenerative Energien GmbH sei zahlungsunfähig und überschuldet. Forderungen von 391 Millionen Euro stünden flüssige Mittel von 19 Millionen Euro gegenüber. »Es besteht eine Liquiditätsunterdeckung von rund 95 Prozent«, heißt es im Eröffnungsbeschluss. Zum Insolvenzverwalter wurde der Hamburger Rechtsanwalt Dietmar Penzlin bestellt, der diese Funktion bereits vorläufig ausübte. Er will am Freitag den weiteren Gang des Insolvenzverfahrens erläutern.
74 000 Anleger hatten Prokon rund 1,4 Milliarden Euro in Form von kurzfristig kündbarem Genussrechtskapital zur Verfügung gestellt. Davon sind 361 Millionen Euro gekündigt worden. Es war nach dem Insolvenzantrag zunächst rechtlich nicht klar, ob die gekündigten Prokon-Genussrechte Forderungen im Sinne der Insolvenzordnung sind. Das Amtsgericht hat diese Frage nun bejaht und bezieht sich dabei auf mehrere Gutachten von Rechtswissenschaftlern.
Prokon sei darüber hinaus auch überschuldet, weil das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr decke und die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen nicht überwiegend wahrscheinlich sei, heißt es im Eröffnungsbeschluss weiter. Das Prokon-Vermögen betrage 1,052 Milliarden Euro, die Verbindlichkeiten dagegen 1,526 Milliarden Euro. Folglich liege eine Vermögensunterdeckung von 474 Millionen Euro vor.
Prokon war 1995 von dem Unternehmer Carsten Rodbertus gegründet worden, um mit Windenergie Ökostrom zu produzieren. Den Anlegern versprach Rodbertus gleichzeitig hohe Renditen bis zu acht Prozent. Zuletzt konnte Prokon jedoch die Zinsverpflichtungen nicht mehr erfüllen und keine Genussrechte von Anlegern mehr zurücknehmen, weil die Liquidität im Unternehmen nicht mehr ausreichte. Verbraucherschützer hatten schon lange vor der Anlage in Genussrechten gewarnt.
Penzlin hatte Rodbertus im Laufe des vorläufigen Insolvenzverfahrens freigestellt, nachdem dieser eine Genossenschaft als Lösung der Probleme ins Spiel gebracht hatte. Eine solche Umwandlung ist während eines Insolvenzverfahrens nicht möglich. Der Verwalter hatte bereits vor mehreren Wochen erklärt, dass die Windparks in Deutschland und Polen weitergeführt werden können. In Medien war über den Verlust von rund 140 Arbeitsplätzen in der Gruppe spekuliert worden. So werde der Vertrieb von neuen Genussrechts-Anteilen komplett eingestellt.
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten die Gläubiger des Unternehmens nun Formulare, mit denen sie ihre Forderungen offiziell anmelden können. Wie hoch die Insolvenzquote sein wird, ist noch völlig offen. Das Geld der Anleger steckt überwiegend in den 54 Windparks mit mehr als 300 Windenergieanlagen und ist deshalb nicht kurzfristig verfügbar. Penzlin könnte versuchen, einige Anlagen zu verkaufen, um so flüssige Mittel in die Kasse zu bekommen.
Als Konsequenz aus der Prokon-Pleite plant die Bundesregierung eine schärfere Regulierung für den sogenannten »Grauen Kapitalmarkt«. Anleger sollen besser vor riskanten Finanzprodukten geschützt werden. So soll die Finanzaufsicht BaFin mehr Kontrollmöglichkeiten erhalten. Auch ein Werbe- oder Vertriebsverbot für zweifelhafte Kapitalanlagen steht in der Diskussion. dpa/nd
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