Inhalte »begreifen«

Jussi Ängeslevä über das Museum der Zukunft

  • Lesedauer: 2 Min.
Der aus Finnland stammende Interaktionsdesigner Jussi Ängeslevä ist Vice Creative Director beim Berliner Unternehmen Art+Com. Es gründete sich 1988 als Netzwerk aus Designern, Architekten und Künstlern der Berliner Hochschule der Künste und Hackern des Chaos Computer Clubs mit dem Ziel, die künstlerischen und technologischen Möglichkeiten des neuen Mediums Computer zu erforschen. Entwickelt wurde das Jurascope für das Berliner Naturkundemuseum, weitere Arbeiten finden sich im Roten Rathaus, im Jüdischen Museum und in der Charité: Dort gibt es ein »Intensivzimmer der Zukunft«, dessen medial gestaltete Decke sich an die Stimmungen und Bedürfnisse von Intensivpatienten anpassen lässt. Als Leitmotiv zitiert Art+Com auf seiner Homepage das Diktum des US-amerikanischen Informatikers Alan Kay (auf ihn geht die Fensterbedienung von Computern zurück): »Die beste Art die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu erfinden.« eko

nd: Was ist Interaktionsdesign?
Ängeslevä: Es beschäftigt sich mit der Gestaltung digitaler Gegenstände, die der Mensch gebraucht. Das können Anwendungen für das Handy oder Informationssysteme im öffentlichen Raum sein, also etwa auf Flughäfen oder Bahnhöfen. Wir konzentrieren uns auf räumliche Kommunikation in Museen und auf Kunst am Bau, aber wir machen auch Forschung. Für die Automobilindustrie können wir mit unserem Wissen von der Interaktion Konzepte und Prototypen für neuartige Bedienelemente entwickeln.

Warum ist das für Museen interessant?
Wir gestalten zum Beispiel Multi-Touch-Tische, wo mehrere Leute gleichzeitig Inhalte im wahrsten Sinne des Wortes »begreifen« und darüber in Austausch miteinander treten können. Ein Tisch ist eine Art sozialer Raum. Wir haben die Multi-User-Tracking-Sensorik entwickelt, damit viele Leute gleichzeitig am Tisch interagieren können. Diese Sensorik kann man aber auch in eine Wand integrieren oder in ein Sofa und damit ein Objekt zu einem Interface umgestalten.

Gibt es Anwendungen Ihres Unternehmens, die später seriell verwertet wurden?
Wir haben aktuell eine patentrechtliche Klage in den USA angestrengt, da Google Earth unserer Meinung nach unserer Entwicklung »Terravision« zu ähnlich ist. Das war ein Forschungsprojekt in den 90er Jahren, das sich mit 3-D-Visualisierungen der Erde befasste. Google hatte Einblick in diese Technologie und stand mit uns auch Mitte der nuller Jahre in Verhandlungen.

Ein Museum im Jahr 2030, wie sieht das aus?
Die Aura des Originals bleibt stark, das Museum ist der Ort für den direkten Dialog, die Auseinandersetzung. Es existiert aber auch im Netz und ist daher andernorts zugänglich. Über GPS-Koordinaten und das eigenen mobile Gerät kann man Exponate in ihren ursprünglichen Kontexten erleben. Das Museum wird immer mehr um den virtuellen Raum erweitert.

Fragen: Elke Koepping

Derzeit arbeitet ART+COM an einer neuen Ausstellung für das dänische Nationalmuseum Kongernes Jelling, die 2015 eröffnet werden wird. Darin soll in medialen Inszenierungen die Welt der Wikingerkönige Gorms des Alten und seines Sohns Harald I. »Blauzahn« erlebbar gemacht werden.

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