Warum ändern, was erfolgreich war

Energie Cottbus beendet heute sein Trainingslager in Thüringen

  • Konrad Lindemann, Oberhof
  • Lesedauer: 3 Min.
Fußballer sind abergläubig. Rituale werden wiederholt, wenn sie erfolgreich waren. Im Sommer 2005 fuhr die Mannschaft des FC Energie Cottbus ins Lauftrainingslager nach Oberhof, dem Wintersportmekka in Thüringen. Dort legte man die Grundlage für eine sensationelle Saison, nach der am Ende der Aufstieg stand. Der Bundesligaaufstieg. Etwas, mit dem niemand rechnen konnte. Daran erinnerte sich Trainer Petrik Sander bei der Planung für die neue Saison und buchte seine Mannen wie im Vorjahr ins Sporthotel Oberhof ein. »Warum soll man etwas ändern, was erfolgreich war«, sagt Sander. Das Team bekam fast das gleiche Programm wie 2005 geboten. Auch die Schanzentreppen am Kanzlersgrund waren wieder dabei. 700 Stufen rauf, dann mit dem Lift wieder hinunter. Am Dienstag drei Mal, am Donnerstag fünf Mal. Fußballprofi zu sein, ist nicht immer ein Zuckerschlecken. Gerade wenn in Oberhof wie in den vergangenen Tagen Temperaturen von über 30 Grad herrschen. Neben den konditionellen Grundlagen arbeitete der Coach vor allem am Aufbau des Teamgeistes. So stand ein Rad-Mannschaftszeitfahren auf dem Programm, Bobfahren und Sommerbiathlon. Fußball gespielt wurde nur einmal, Mittwochabend gegen den Bezirksligisten TSV Zella-Mehlis. Endstand: 13:0. Es war nicht mehr als eine willkommene Abwechslung. Die Spieler konnten in Ruhe arbeiten in Oberhof. Fans verirrten sich kaum in den Thüringer Wald, das Medienaufkommen war gering. Fußball-Deutschland schaut eben noch auf die WM. Petrik Sander haben die Auftritte der DFB-Elf gefallen. Der Zusammenhalt, das Füreinanderkämpfen - das sind Dinge, die der 45-Jährige auch von seinen Akteuren einfordert. Am Dienstag schauten sich die Spieler gemeinsam das deutsche Halbfinale gegen Italien an, doch die WM schien in Oberhof Lichtjahre entfernt zu sein. Energie bereitet sich auf die Bundesliga vor. Es ist nicht das erste Abenteuer im Fußball-Oberhaus. Im Jahr 2000 galt Energie schon einmal als Abstiegskandidat und hielt am Ende die Klasse. Genau so wie 2002. Sander kann gut damit leben, dass auch dieses Mal niemand Cottbus etwas zutraut: »Wir haben keine Chance. Aber die wollen wir nutzen.« So einfach ist das. Wichtig werden die Heimspiele im »Stadion der Freundschaft« sein. Wie schon in den Bundesligajahren 2000 bis 2003, als man von der »Hölle der Lausitz« sprach und die Bayern, Schalke und Hertha bezwang. »Die Gegner haben Respekt vor den Zuschauern. Sie wissen, dass sie von uns ordentlich bearbeitet werden.« Das sagt Marco Küntzel, Neuzugang von Arminia Bielefeld. Er kennt die Stimmung im Stadion von seinen Gastspielen in der Lausitz. »Kein Team», so der Offensivallrounder, »hat Lust nach Cottbus zu kommen. Deswegen ist es wichtig, dass wir unsere Heimspiele gewinnen.« Apropos Lust. Die verspürte kaum ein Spieler, als eine Offerte von Energie kam. Reich werden kann man nicht in Cottbus, das ist bekannt. Der Etat beträgt gerade einmal knapp 20 Millionen Euro. »Die sportliche Perspektive. Das ist das, was wir bieten können«, erklärt Sander. Neben Marco Küntzel entschieden sich der Pole Mariusz Kukielka (Dynamo Dresden, Abwehr), der Rumäne Vlad Munteanu (Dinamo Bukarest, Mittelfeld) und der Kroate Stiven Rivic (NK Pula, Sturm) für diese Perspektive. Der Chinese Jiayi Shao (1860 München) trainiert zwar bereits mit, doch mit Guoan Peking, dem Verein, der die Transferrechte hält, kann sich Energie seit Wochen nicht einigen. Bleibt noch Torwart Gerhard Tremmel (Hertha BSC). Er soll Stammkeeper Tomislav Piplica Druck machen. Piplica, mittlerweile 37 Jahre alt und der »Star« der Truppe, ist optimistisch, was die neue Saison angeht. »Die Mannschaft will etwas zeigen«, verspricht er. Vor allem will sie zeigen, dass sie besser ist als viele denken. Oberhof war vielleicht die Grundlage für diese Aufgabe. So wie schon vor einem Jahr.
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