Nicht genug abgegolten
Simon Poelchau über die Rüge der OECD für die deutsche Wirtschaftspolitik
Deutschlands Wirtschaftspolitik ist unsozial. Sogar so unsozial, dass die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sie rügt. Dabei ist die OECD wahrlich nicht besonders links.
Freilich: Die Bundesregierung erhält für die Einführung des Mindestlohns auch ein kleines Lob von der OECD. Doch viel mehr fällt das ungerechte Steuersystem hierzulande in die Waagschale. Dieses beruhe »stark auf der Besteuerung des Faktors Arbeit«, schreibt die internationale Organisation. Übersetzt heißt das: Wer malochen geht, ist der Dumme. Einkommen aus der eigenen Arbeit werden nämlich hierzulande mit bis zu 47,5 Prozent besteuert. Gleichzeitig aber darf sich freuen, wer sein Geld für sich arbeiten lassen. Denn die Abgeltungssteuer aus Kapitalerträgen beträgt lediglich 25 Prozent. Dies ist zutiefst sozial ungerecht.
So trifft der Vorschlag der OECD, die Grundsteuer zu erhöhen und die Abgeltungssteuer auf Gewinne aus Immobilienverkäufen auszuweiten, genau in die richtige Kerbe. Denn tatsächlich keimt innerhalb der Regierungskoalition eine Debatte über die Sinnhaftigkeit der Bevorzugung von Kapitalerträgen gegenüber Einkünften aus Lohnarbeit. Es bleibt zu hoffen, dass dieses zarte Pflänzchen irgendwann Früchte trägt - auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür bei dieser Bundesregierung äußerst gering ist.
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