Der DFB neutralisiert sich selbst

Jirka Grahl staunt, dass im Deutschen Fußball-Bund mancherorts noch solche Geschichtsvergessenheit herrscht, wie sie sich am Millerntor zeigte

Noch 29 Tage, dann will sich der Deutsche Fußball-Bund aller Welt mit seinem Besten präsentieren: der Nationalmannschaft, die ihre Beliebtheit mittlerweile weniger ihren Erfolgen als vor allem ihrem Auftreten verdankt. In Sachen Auftreten hinkt der Verband seiner Vorzeigetruppe allerdings hinterher. Mit dem Teilverhüllen des Slogans »Kein Fußball den Faschisten« unterlief den DFB-Managern ein Fauxpas, der die zahlreichen eigenen Antirassismus-Aktionen ad absurdum führt.

Im Bestreben, das Hamburger Stadion PR-mäßig zu »neutralisieren« - so begründete es der Verband auf Twitter - befreite der DFB das Millerntor vom antifaschistischen Schriftzug der St. Pauli-Fans. Zu Recht fegte umgehend ein Shitstorm durchs Internet - gegen einen Verband, der unter Ex-Präsident Theo Zwanziger endlich die Bearbeitung der eigenen Nazi-Vergangenheit angegangen war; einen Verband, der seine U18-Nachwuchsauswahl seit 2008 jährlich zu einem Turnier nach Jerusalem schickt. Stets wird dabei die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besucht.

Die Verhüllungsaktion neutralisiert derlei gute Ansätze nun beinahe, sie zeigt, was die DFB-Elf für die Verbandsgranden in erster Linie ist: ein zu vermarktendes Produkt. Im Zweifelsfall geht Marketing vor Moral.

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