Deutschland will mehr Syrer aufnehmen

Bund und Länder wollen Kontingent aufstocken / UN-Sondergesandter Brahimi legt sein Amt nieder

Während die deutsche Politik darüber diskutiert, die Syrienhilfe aufzustocken, tritt der UN-Sondergesandte Brahimi zurück. Es will ihm nicht gelingen, Frieden in Syrien zu vermitteln.

Täglich gibt es neue Schreckensmeldungen aus Syrien - über Fassbomben, Giftgaseinsätze und tote Zivilisten. 2,5 Millionen Syrer sind vor der Gewalt bereits in die Nachbarländer geflohen, weitere 6,5 Millionen Menschen versuchen sich innerhalb des Landes in Sicherheit zu bringen. Längst ist dadurch auch die Bundesregierung unter Druck geraten, mehr Flüchtlinge aufzunehmen.

Jetzt gibt es ein erstes Signal, dass die schwarz-rote Koalition sich darauf einlassen könnte. »Bund und Länder verhandeln derzeit darüber, wie stark das bisherige Kontingent ausgeweitet werden kann«, sagte Thomas Strobl, Vize-Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, der Zeitung »Die Welt«.

Bislang hat sich Deutschland dazu bereit erklärt, in zwei Programmen insgesamt 10 000 Flüchtlinge aufzunehmen. Auf der nächsten Innenministerkonferenz Mitte Juni wollen Bund und Länder nun über eine Aufstockung beraten. Noch könne keine Aussage über die Höhe der Aufstockung gemacht werden, erklärte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Mittwoch.

Die Integrationsminister der Länder hatten die Koalition bereits im März aufgefordert, mehr Bürgerkriegsflüchtlinge aufzunehmen - vor allem weil die Anfragen von in Deutschland lebenden Syrern, die Familienmitglieder aufnehmen wollen, die Kontingente weit übersteigen. Bislang sind mehr als 76 000 Anträge bei den Ländern eingegangen.

Ulla Jelpke, die innenpolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag, begrüßt die Absicht, mehr syrische Flüchtlinge aufzunehmen; gleichwohl weist sie darauf hin, dass die Hilfe »nur ein Tropfen auf den heißen Stein« sei, wie sie dem »nd« sagte. Jelpke fordert, dass der Nachzug von Syrern zu ihren Angehörigen in Deutschland schnell und ohne Begrenzung ermöglicht werden müsse.

Das verlangt auch die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl, bemängelt die sehr starre Regelung der bisherigen Bundesprogramme. Bis Ende April seien lediglich 4600 Syrer offiziell eingeflogen worden, sagte er dem »nd«. Das liege vor allem an den unangemessen hohen bürokratischen Hürden, die Bund und Länder den Einreisewilligen zumuten.

Während die deutsche Politik eher verhalten über eine Ausweitung der Syrien-Hilfe diskutiert, hat Lakhdar Brahimi, der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga für Syrien, vor dem Bürgerkrieg kapituliert. Nach zahlreichen erfolglosen Bemühungen, die verfeindeten Lager zu einer Beilegung des Konfliktes zu bewegen, zieht der 80-jährige Brahimi nun Konsequenzen. Ende Mai wird er von seinem Amt zurücktreten, kündigte der frühere algerische Außenminister am Dienstag in New York an. Brahimi hatte im August 2012 seine Friedensbemühungen begonnen.

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