Maulkorb für Markus Ferber

CSU-Chef Horst Seehofer pfeift seinen aggressiven Spitzenkandidaten für die Europawahl zurück

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die rüden Ausfälle des CSU-Spitzenkandidaten Markus Ferber gegen SPD-Politiker rufen nun auch Parteichef Horst Seehofer auf den Plan. Dieser brachte seinen Adlatus vorerst zum Schweigen.

Das Granteln gehört zum Handwerkszeug eines jeden CSU-Politikers. Insbesondere im Vorfeld einer Europawahl, bei der den Weiß-Blauen ernsthafte Konkurrenz am rechten Rand erwächst. Das Erscheinen der Alternative für Deutschland setzt die in einer Großen Koalition gefangene CSU unter Zugzwang. Die Christsozialen versuchen nun, ihr Profil zu schärfen. Auch auf Kosten des Koalitionspartners von der SPD. Am vergangenen Wochenende legte CSU-Spitzenkandidat Markus Ferber schon einmal vor und bezeichnete seinen sozialdemokratischen Konkurrenten Martin Schulz als »Geschäftsführer der Schlepperbanden«, die afrikanische Flüchtlinge nach Europa brächten.

Am Donnerstag legte der 49-Jährige nach und bemängelte das fehlende Verhandlungsgeschick von SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Ukraine-Konflikt. »Außer Spesen nichts gewesen«, so Ferber gegenüber »Spiegel online«. »Steinmeier muss erkennen, dass die Diplomatie eines einzelnen EU-Mitgliedsstaates keinen Erfolg haben kann«, so der CSU-Kandidat weiter.

Ferber verwies auf die Negativbilanz des Außenministers. So habe Übergangspremier Arsenij Jazenjuk keine Vertreter für den Runden Tisch ernennen können, Präsident Alexander Turtschinow habe den deutschen Gast erst warten lassen und ihm dann noch nicht einmal in die Augen geschaut. Zudem sei die geplante Kranzniederlegung für die Brandopfer in Odessa auf Drängen der ukrainischen Behörden abgesagt worden.

Die Retourkutsche auf Ferbers Angriffe folgte prompt. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen, wies die Kritik am Freitag zurück. Steinmeier habe in dieser Frage »ein politisches Risiko« auf sich genommen.

Auch in der CDU wächst der Frust über die Attacken aus der Schwesterpartei. CDU-Generalsekretär Peter Tauber betonte am Donnerstag gegenüber »Spiegel Online«: »Der Bundesaußenminister hat für seine schwierige diplomatische Mission in der Ukraine unsere volle Rückendeckung.«

Auch der Ukraine-Beauftragte der Unions-Bundestagsfraktion, Karl-Georg Wellmann (CDU), stellte sich demonstrativ auf die Seite Steinmeiers. »Die komplizierte Lage in Osteuropa eignet sich nicht zur Profilierung im Europawahlkampf«, so Wellmann. »Die russische Propaganda versucht einen Keil in die westliche Staatengemeinschaft zu treiben. Wir sollten dem keinen Vorschub leisten und uns stattdessen auf die von Russland ausgehende Herausforderung konzentrieren.« Offenbar sieht man Ferber mittlerweile als Gefahr für den inneren Burgfrieden.

Und so schaltete sich CSU-Chef Horst Seehofer persönlich in die Diskussion ein. Der weiß-blaue Übervater rief seinen Spitzenkandidaten zur Ordnung. Seehofer habe in einem Telefonat seinem Unmut Luft gemacht, berichtete die Zeitung »Die Welt« am Freitag. Das überrascht. Die Attacken gegen Martin Schulz hatte Seehofer noch als »abgewogen« bezeichnet und gleichzeitig darauf verwiesen, dass seine CSU im Wahlkampf stets »den Ton« treffe. Nun verpasste er seinem Adlatus einen Maulkorb. Ferber habe sich einsichtig gezeigt, hieß es aus CSU-Kreisen. Weitere Attacken gegen den Außenminister werde es nicht geben. Der Maulkorb sitzt. Neue Interview-Anfragen von »Spiegel Online« soll Ferber abgelehnt haben, hieß es am Freitag.

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