Stichwahl über Krieg und Frieden

In Kolumbien gehen Präsident Santos und der Rechtsaußen Zuluaga in die zweite Runde

  • David Graaff, Bogotá
  • Lesedauer: 3 Min.
Die erste Runde der Präsidentenwahlen in Kolumbien gewann Herausforderer Oscar Ivan Zuluaga. Die Stichwahl gegen Amtsinhaber Juan Manuel Santos wird zur Abstimmung über Krieg und Frieden.

Umjubelt von seinen Anhängern, zog Oscar Iván Zuluaga am Sonntagabend in seine Wahlkampfzentrale. Nach Auszählung fast aller Stimmen entfielen auf den Kandidaten des rechten »Centro Democrático« 29,3 Prozent der abgegebenen Stimmen. Präsident Juan Manuel Santos wurde mit 25,7 Prozent auf den zweiten Platz verwiesen, weshalb eine Stichwahl am 15. Juni über Kolumbiens neues Staatsoberhaupt entscheiden muss.

In der ersten Reihe saß Zuluagas politischer Ziehvater Álvaro Uribe und lächelte zufrieden. Der Expräsident, der nach zwei Amtszeiten (2002 - 2010) nicht mehr zur Wahl antreten durfte, war der eigentliche Sieger des Tages. Das Publikum ließ Uribe hochleben, als Zuluaga ihm seinen Dank aussprach. »Wir werden den von Ihnen eingeschlagenen Kurs fortführen«, versicherte er. Uribe hatte während seiner achtjährigen Präsidentschaft alles daran gesetzt, die Guerilla-Armeen des Landes militärisch zu besiegen. Die derzeitigen Friedensgespräche mit den Rebellen der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) im kubanischen Havanna lehnt das Uribe-Lager ab. »Wir dürfen nicht zulassen, dass die FARC das Land von Havanna aus regieren«, sagte Zuluaga.

Der Ökonom, ein ehemaliger Finanzminister, will die von der Regierung Santos 2012 begonnenen Friedensverhandlungen nur fortsetzen, wenn die Guerilla alle Kampfhandlungen auf unbestimmte Zeit einstellt. Das könnte das Aus für die bereits weit fortgeschrittenen Verhandlungen bedeuten.

Das gute Wahlergebnis für die Rechte spricht für die Skepsis vieler Kolumbianer gegenüber den FARC und deren Eingliederung in das politische System. Vergessen und vergeben scheint, dass Uribe und seinen politischen Verbündeten in den vergangenen Jahren immer wieder enge Beziehungen zu paramilitärischen Gruppen nachgewiesen wurden. In seine Amtszeit fallen etliche Skandale wie die illegale Bespitzelung linker Oppositioneller und sozialer Bewegungen durch den Polizeigeheimdienst. Eine mögliche Rückkehr des als »Uribismo« bezeichneten wertkonservativen aber wirtschaftsfreundlichen Populismus sehen viele Aktivisten mit Schrecken.

Präsident Santos verteidigte am Wahlabend vehement seinen Friedenskurs und erklärte die Stichwahl zur Abstimmung über Krieg und Frieden. »Die Kolumbianer müssen sich nun entscheiden, ob sie das Ende des Krieges oder einen Krieg ohne Ende wollen«, sagte er und rief die ausgeschiedenen Kandidaten dazu auf, sich dem »Kreuzzug für den Frieden« anzuschließen.

Auf die Kandidatin der linken Sammelpartei Polo Democrático, Clara López, entfielen 15,2 Prozent der Stimmen, auf die Bewerberin der Konservativen, Marta Lucía Ramírez. 15,5 Prozent. Der linksliberale Kandidat Enrique Penalosa landete abgeschlagen bei 8,3 Prozent. 60 Prozent der Wahlberechtigten machten von ihrem Stimmrecht keinen Gebrauch, was auf Alternativenmangel und Politikverdrossenheit hinweist.

Für Santos und Zuluaga beginnt nun das Buhlen um die Wähler der anderen Kandidaten. Ein Großteil der Linken wird dazu aufrufen, für Santos und dessen Friedenskurs zu stimmen. »Wir müssen uns jetzt zwischen Krieg und Frieden entscheiden«, sagte der Kongressabgeordnete der linken Sammelpartei Polo Democrático, Iván Cepeda, gegenüber »nd«.

Bei den Konservativen, deren Kandidatin Marta Lucía Ramírez mit rund zwei Millionen Stimmen ein überraschend gutes Ergebnis einfuhr, ist die Sache nicht so sicher. Ramírez gehört dem Flügel der Partei an, der dem »Uribismo« nahesteht. Ein anderer Teil der Konservativen unterstützt dagegen den Kurs der Regierung Santos.

Insgesamt verlief die Wahl ohne größere Zwischenfälle. Beobachter und Behörden sprachen von den friedlichsten Präsidentschaftswahlen seit Jahrzehnten. Dazu beigetragen hatte auch ein von den beiden Rebellengruppen FARC und ELN verkündeter Waffenstillstand. Die Wahlbeobachtermission MOE berichtete, sie habe fast 300 Hinweise auf Betrug erhalten. Rund um die Wahllokale soll es zu Stimmenkauf, illegaler Wahlwerbung und Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe gekommen sein.

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