Kein Witz

Tom Strohschneider über die »Wahl« des EU-Kommissionschefs

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 2 Min.

Erinnern Sie sich noch an das TV- »Duell« zwischen Martin Schulz und Jean-Claude Juncker? Da warf der SPD-Mann dem Konservativen vor, ihn aus Brüsseler Hinterzimmern zu kennen - worauf der so Kritisierte konterte, der Sozialdemokrat solle nicht so tun, als habe er nicht auch selbst ein Talent für Kungelrunden.

Die Szene hat eine doppelte Pointe: Sie stellte praktisch den einzigen Fall von »Kontroverse« im Wahlkampf dar - und war dabei zugleich die vorgezogene Farce zu jener Tragödie, die man derzeit beobachten kann: Die politische Zukunft von Juncker und Schulz wird nämlich? Genau: in Hinterzimmern ausgekungelt.

Ob nun, wie es zunächst aussah, der Luxemburger derjenige wird, der von deutschen Gnaden dem Brüsseler Apparat vorsteht; ob am Ende Martin Schulz mit einem auch irgendwie wichtigen Posten abgefunden wird - es wird wohl die Aufstellung des Personaltableaus mit kaum einem der wichtigen Themen der Europawahlen etwas zu tun haben. Dafür mit machtpolitischem Interessenausgleich. Zu offenkundig triumphiert schon »die Mutter aller Basare« über die nur zu Wahlkampfzwecken behaupteten Lehren aus Demokratiedefizit und Brüssler Selbstbezüglichkeit. Es bleibt alles, wie es ist.

Dass die Spitzen der Großen Koalition nach ihrem montagabendlichen Treffen zu den EU-Personalien gleich noch eine Einigung über bildungspolitische Fragen verkündeten, welche die SPD als »Erfolg« für sich reklamieren kann, wird als Zufall nur der ansehen, der den Kungel-Schlagabtausch im TV-Duell von Juncker und Schulz für einen Witz hielt.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.