Kein Witz
Tom Strohschneider über die »Wahl« des EU-Kommissionschefs
Erinnern Sie sich noch an das TV- »Duell« zwischen Martin Schulz und Jean-Claude Juncker? Da warf der SPD-Mann dem Konservativen vor, ihn aus Brüsseler Hinterzimmern zu kennen - worauf der so Kritisierte konterte, der Sozialdemokrat solle nicht so tun, als habe er nicht auch selbst ein Talent für Kungelrunden.
Die Szene hat eine doppelte Pointe: Sie stellte praktisch den einzigen Fall von »Kontroverse« im Wahlkampf dar - und war dabei zugleich die vorgezogene Farce zu jener Tragödie, die man derzeit beobachten kann: Die politische Zukunft von Juncker und Schulz wird nämlich? Genau: in Hinterzimmern ausgekungelt.
Ob nun, wie es zunächst aussah, der Luxemburger derjenige wird, der von deutschen Gnaden dem Brüsseler Apparat vorsteht; ob am Ende Martin Schulz mit einem auch irgendwie wichtigen Posten abgefunden wird - es wird wohl die Aufstellung des Personaltableaus mit kaum einem der wichtigen Themen der Europawahlen etwas zu tun haben. Dafür mit machtpolitischem Interessenausgleich. Zu offenkundig triumphiert schon »die Mutter aller Basare« über die nur zu Wahlkampfzwecken behaupteten Lehren aus Demokratiedefizit und Brüssler Selbstbezüglichkeit. Es bleibt alles, wie es ist.
Dass die Spitzen der Großen Koalition nach ihrem montagabendlichen Treffen zu den EU-Personalien gleich noch eine Einigung über bildungspolitische Fragen verkündeten, welche die SPD als »Erfolg« für sich reklamieren kann, wird als Zufall nur der ansehen, der den Kungel-Schlagabtausch im TV-Duell von Juncker und Schulz für einen Witz hielt.
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