Teersand statt Irak-Öl?
Mittelfristige Prognose der Energieagentur sieht Wachstumsrisiken in Nahost
Steigende Ölpreise haben in Nordamerika trotz hoher Kosten die Erschließung sogenannter unkonventioneller Erdölvorkommen wie Teersand und Quellen unter dem Boden der Tiefsee vorangetrieben. Aus Sicht der Internationalen Energieagentur (IEA) haben diese Vorkommen das Potenzial, den Weltmarkt umzukrempeln. Die unsichere Lage im Irak allerdings könnte diesen Zuwachs wieder kompensieren, hieß es am Dienstag in Paris bei der Vorstellung der mittelfristigen IEA-Ölmarktprognose. Denn von den erkundeten Vorkommen her könnte der Irak bis 2019 drei Fünftel der erwarteten weltweiten Produktionssteigerung liefern.
Der Irak ist nach Saudi-Arabien zweitgrößter Erdölproduzent innerhalb der Organisation Erdöl exportierender Länder. Laut IEA produzierte das Land im Mai 3,37 Millionen Barrel Öl täglich. Bis 2019 soll die Fördermenge um 1,28 Millionen Barrel pro Tag gesteigert werden. Derzeit sind die Erdöllieferungen aus dem Irak zwar noch nicht gefährdet, da sich die Produktion vor allem auf den Süden des Landes konzentriert. Doch angesichts »schwacher Institutionen, schwerfälliger Bürokratie und dem dramatischen Wiederauftreten der Gewalt« im Lande bestehen laut IEA große Risiken für die Erdölförderung. Derzeit werden die Befürchtungen durch den Vormarsch der sunnitischen Extremistengruppe Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien (ISIS) befeuert.
Die IEA werde die Entwicklungen vor Ort weiter verfolgen, sagte die Chefin der Organisation, Maria van der Hoeven. Für den Fall einer »größeren Unterbrechung« der Ölexporte sei die IEA mit ihren strategischen Reserven gerüstet. Zudem erwarte man eine Verlangsamung des Wachstums bei der weltweiten Nachfrage nach Rohöl.
Eine ebenfalls am Dienstag in London vorgestellte Studie des britischen Ölkonzerns BP zeichnet jedoch ein etwas anderes Bild: Danach wächst der Ölverbrauch der USA derzeit nicht nur am schnellsten. Mit 400 000 Barrel Mehrverbrauch pro Tag nahm der Öl-Hunger der Amerikaner erstmals seit 1999 wieder stärker zu als derjenige der Chinesen. Zugleich allerdings habe die Ölproduktion der USA im vergangenen Jahr so stark zugenommen wie nie zuvor in der Geschichte des Landes. Laut BP lag die Steigerung mit 1,1 Millionen Barrel pro Tag etwa doppelt so hoch wie im Durchschnitt aller Ölförderländer.
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