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Bitte kein Fähnchen!
Oliver Händler über Flaggen, Nationalismus und Peter Pan
Mein Sohn ist vier. Er wird bald fünf und hat ein Faible für Landesflaggen entwickelt. Viele kennt er noch nicht, aber immer, wenn er den britischen Union Jack erblickt, ruft er laut: »Papa, da ist England!« Beim Ahornblatt sitzt das »Kanada!« sicher, auch die Stars and Stripes verbindet er mit den USA. Seine Lieblingsfarbkombination ist aber schwarz-rot-gold. Aus den »Deutschland«-Rufen kommt er derzeit gar nicht heraus, denn alle Häuser, Autos und sogar Spielzeuge sind mit diesen Fähnchen versehen worden.
Nun treibt mich die Angst davor, dass mein Sohn in den kommenden Tagen verlangt - ein »Bitte« kommt ihm nur selten über die Lippen -, doch auch an unserem Auto eine Deutschland-Flagge zu befestigen. Schon jetzt überlege ich, wie ich ihm das ausrede, denn nichts liegt mir ferner. Ich kann ihm ja kaum erklären, dass vor knapp 75 Jahren eine böse deutsche Armee ganz Europa (die gelben Sterne auf blauem Grund kennt er auch schon) überfiel und im Namen Deutschlands viele Millionen Menschen ermordete. Da auch eigene Familienangehörige darunter waren, würde ich nie eine Deutschland-Fahne ins Autofenster klemmen. Auch wenn ich mit der deutschen Mannschaft mitfiebere, halte ich lieber Abstand von dieser Art Nationalismus, wie friedlich und scheinbar ungefährlich er auch daherkommt.
Das alles sind keine Gedanken für einen Vierjährigen. Ich will ihm ja nicht die Lust am Flaggenraten oder vielleicht gleich noch am Fußball nehmen. Also hoffe ich, dass die Frage nach der Fahne gar nicht erst kommt.
Immerhin ist die Lust am Fußballgucken bei ihm noch gar nicht ausgeprägt. Als ich am Montagabend nach der Arbeit nach Hause raste, um die zweite Halbzeit vom Spiel zwischen Deutschland und Portugal zu sehen, war dort der Fernseher längst vom Sohnemann in Beschlag genommen. Es lief Peter Pan auf dem Kinderkanal. Der musste erst mal 20 lange Minuten zu Ende geguckt werden. Da half dem Papa auch kein »Biiiiitte!«
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