Ausreißer hoffen wieder

Sonnabend und Sonntag stehen flache Etappen auf dem Programm

  • Tom Mustroph, Luchon
  • Lesedauer: 4 Min.
Nach den anstrengenden Pyrenäentagen können die Favoriten auf die Gesamtwertung wieder die Beine etwas hochlegen und die Muskulatur entspannen. Teilentspannen natürlich nur, denn immerhin müssen sie am Sonnabend 230 km (Beziers - Montelimar) und am Sonntag 180 km (Miontelimar - Gap) aus eigener Kraft zurücklegen. Doch sind beide Tagesabschnitte relativ flach. Die Mannschaftskollegen von Landis und Klöden, Evans und Savoldelli müssen nur aufpassen, dass keiner, der in der Gesamtwertung noch günstig liegt, enteilen kann.
Der Weg ist also frei für jene, die bereits viele Minuten Rückstand angesammelt haben und zusätzlich über den Kampfgeist und die Physis verfügen, lange Strecken in kleinen Gruppen zurückzulegen. Einer der ersten Kandidaten für solche Art Abenteuer, der Berliner Jens Voigt, hat sich beim Einzelzeitfahren schon einen so großen Rückstand eingehandelt, dass man ihn als förmliche Kampfansage besonders für die sonntägliche, etwas bergigere Etappe werten muss. Voigt, der sich auf die Unterstützung seines etatmäßigen Kapitäns Ivan Basso vorbereitet hat, befindet sich in guter Form.
Nach dem Ausfall von Basso hat der 34-jährige Ausreißerkönig nun einen Freibrief für eigene Unternehmungen. Er hat sogar die Pflicht zum Ausreißen, denn in Abwesenheit von Basso und auch Bobby Julich (USA) muss das dänische CSC-Team auf andere Art Siege einfahren.
Voigt war lange Jahre der einzige deutsche Rennfahrer in erfolgversprechenden Fluchtgruppen. Deutsche Rennfahrer seines Alters waren nicht unbedingt schlechter, doch sie waren mehr in Teamtaktiken eingebunden und hatten sich wohl auch psychologisch mit ihrem Helferstatus abgefunden.
In diesem Jahr ist die Situation anders. Voigt könnte am Wochenende Begleitung aus der Heimat bekommen. Denn eine ganze junge Garde deutscher Profis ist mutig und fähig genug zur Attacke, etwa der kurzzeitige Bergkönig Fabian Wegmann von Gerolsteiner oder die beiden Milram-Youngster Björn Schröder und Christian Knees. Alle drei haben bereits in der ersten Tourwoche mit langen Ausreißversuchen auf sich aufmerksam gemacht.
Sicherlich profitieren sie von der gegenwärtigen Teamtaktik. Gerolsteiner nomineller Kapitän Levi Leipheimer liegt trotz seines zweiten Platzes auf der elften Etappe in der Gesamtwertung soweit zurück,
dass Wegmann keine Dienste für ihn leisten muss. Milrams Teamchef Jan Schaffrath schickt seine jungen Sportler mit Vorliebe nach vorn, weil das Team dann Kräfte sparen kann. Entweder kommen Schröder oder Knees mit einer Gruppe durch und holen einen Etappensieg. Dem schnellen Schröder ist das noch eher zuzutrauen als dem Allrounder Knees, der in diesem Jahr aber immerhin rund um Köln für sich entschied. Oder aber der Rest der Mannschaft
kann mit frischen Kräften den Spurt für Erik Zabel vorbereiten, der zwei Mal den Etappensieg knapp verfehlte.
Selbst wenn die Zeichen für die jungen Männer (Jahrgang 1980 und 1981) günstig stehen, bleibt festzuhalten, dass sie auch die rechte Fahrermentalität mitbringen, diese Zeichen für sich auszunutzen. Der deutsche Radsport nach Jan Ullrich wird vielfältiger.


Popovych mit Flucht erfolgreich
Den Sieg auf der zwölften Tour-Etappe, die auf welligem Profil über 211,5 Kilometer von Luchon nach Carcassonne führte, sicherte sich aus einer Ausreißergruppe heraus der Ukrainer Yaroslav Popovych, der sich drei Kilometer vor dem Ziel von seinen Begleitern absetzte. Zweiter wurde Alessandro Ballan aus Italien vor dem Spanier Oscar Freire.
Nach rund 100 Kilometern lösten sich die drei zusammen mit dem Franzosen Christophe Le Mevel vom Feld und verteidigten ihren herausgefahrenden Vorsprung von mehr als vier Minuten bis ins Ziel. Auf die Spitzenplätze im Gesamtklassement hatte das Ergebnis keine Auswirkungen. Es führt weiterhin der US-Amerikaner Floyd Landis.
11. Etappe, Tarbes - Val d'Aran (206,5 km): 1. Mentschow (Rus) 6:06:25, 2. Leipheimer, 3. Landis (beide USA) gl. Zeit, 4. Evans (Aus) + 0:17 min, 5. Sastre (Spa) gl. Zeit, ... 9. Klöden (Kreuzlingen/Swz) + 1:31, 13. Fothen (Kaarst) + 3:06, 21. Sinkewitz (Künzell) + 4:45, 65. Zabel (Unna) + 33:47.
Gesamtwertung: 1. Landis 49:18:07, 2. Dessel (Fra) + 0:08 min, 3. Mentschow + 1:01, 4. Evans + 1:17, 5. Sastre + 1:52, 6. Klöden + 2:29, 7. Rogers (Aus) + 3:22, ... 10. Fothen + 4:17, 12. Sinkewitz + 5:38, ... 69. Zabel + 39:45.
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