Der Problem-Premier zeigt keine Einsicht

Irakischer Ministerpräsident verweigert Bildung einer Regierung der nationalen Einheit gegen ISIS

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 3 Min.
Trotz weiterer Erfolge der Dschihadisten hat Iraks Regierungschef Maliki Forderungen nach einer Einheitsregierung zurückgewiesen. In Bagdad nahmen die ersten US-Militärberater ihre Arbeit auf.

Die Skeptiker eines möglichen Erkenntnisprozesses bei Nuri al-Maliki haben bisher recht behalten: Erst massiver Druck aus dem »Ausland« - das ist die verschämte Umschreibung für die unerklärte Schutzmacht USA - werde den irakischen Ministerpräsidenten dazu bewegen können, über eine Regierung der nationalen Einheit nachzudenken und also Macht abzugeben, die er für sich und seine Getreuen usurpiert hat; einmal davon abgesehen, dass ihn eigentlich außer seiner eigenen Gefolgschaft kaum jemand in Irak überhaupt noch als Regierungschef behalten will.

Aber Maliki beharrt darauf - ungeachtet aller dubiosen Umstände der Abstimmung Sieger der Parlamentswahlen vom Frühjahr zu sein. In seiner wöchentlichen Stellungnahme verkündete er am Mittwoch in Bagdad laut dpa, eine Regierung der nationalen Rettung stelle einen »Putsch gegen die Verfassung und den politischen Prozess« dar. Maliki lehnte auch einen Rücktritt erneut ab.

Ob ihm den US-Außenminister John Kerry hatte am Dienstag nach Besuchen in Bagdad und der kurdischen Autonomieregion im Norden des Landes tatsächlich nahegelegt hat, war von US-Seite nicht zu erfahren. Offensichtlich zögern die USA, weil sie vermutlich noch keinen in Irak annähernd mehrheitsfähigen und ihnen treue ergebenen Nachfolger gefunden haben. Zumindest letzteres ist Maliki seit mindestens 2006, als er Ministerpräsident wurde. Nun verlangen sie von ihrem Statthalter, er solle nicht nur die von ihm repräsentierten Schiiten, sondern auch Kurden und vor allem die bisher von ihm massiv diskriminierten Sunniten in einer Einheitsregierung gleichstellen.

Der Fernsehsender Al-Irakija vermeldete am Mittwoch Erfolge der Regierungstruppen gegen Kämpfer der Sunnitenmiliz Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS). Die Armee habe die wichtige Ölraffinerie in der kürzlich von ISIS eingenommenen Stadt Baidschi zurückerobert. Al-Irakija-Nachrichten sind allerdings mit Vorsicht zu genießen.

Al-Arabija - ein Kanal der Vereinigten Arabischen Emirate, die im Zweifelsfall als ISIS-Sympathisanten einzuordnen sind - meldete lediglich, dass bei irakischen Luftangriffen auf Baidschi 16 Menschen ums Leben gekommen seien. Außerdem habe die syrische Luftwaffe erneut Angriffe auf zwei irakische Orte geflogen, die ISIS-Milizen zuvor eingenommen hatten. Syrien dementierte das. ISIS seinerseits gab an, eines der größten Gas- und Ölfelder Iraks eingenommen zu haben. Es handele sich um Adschil 250 Kilometer nördlich von Bagdad.

Iran machte unterdessen deutlich, dass es sich gegen ISIS in Irak auch militärisch einzumischen gedenkt. Teheran, so meldete die Nachrichtenagentur Isna, habe seine Truppen an der Grenze zu Irak in Alarmbereitschaft versetzt. Iran hat eine 1450 Kilometer lange Grenze mit Irak. Die USA heben es mit direkter militärischer Unterstützung für Bagdad weiterhin nicht eilig. Am Mittwoch nahmen die ersten 40 der eingeflogenen US-Militärberater ihre Tätigkeit in Irak auf. Weitere 90 sollten am Dienstag eintreffen.

Der Krieg lässt die Zahl der Binnenflüchtlinge rapide ansteigen. Auf der Webseite »entwicklungspolitik online« heißt es aus der nordirakischen Kurdenhauptstadt Erbil, dass das Welternährungsprogramm der UNO (WFP) eine Nothilfeoperation für 42 000 Menschen begonnen habe, die während dieser Woche aufgrund des Konflikts vertrieben wurden. Als erste Hilfsmaßnahme will das WFP 550 Tonnen Nahrungsmittel pro Monat in die Region transportieren.

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