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Im Euphorietief
Oliver Händler sucht noch nach der WM-Stimmung
Es rummst nicht mehr. Zwar werden beim Spiel der Deutschen gegen die USA sicherlich wieder ein paar Knaller gezündet werden, doch ansonsten hat sich meine Straße in Berlin-Treptow seit WM-Start merklich beruhigt. Vor zwei Wochen knallte es noch jedes Mal, als die Brasilianer oder die Italiener ein Tor kassierten - offenbar wurden diese Mannschaften als am ehesten gefährlich für den Titeltraum der DFB-Elf angesehen. Doch als die Italiener nun wirklich ausschieden, war kein Mucks zu hören. Ich beschwere mich nicht über die Ruhe. Aber es wundert mich schon, denn dieses WM-Euphorietief hat auch mich befallen.
Früher hing ich bei Weltmeisterschaften am Fernseher und bekniete meine Eltern, doch bitte so lange aufbleiben zu dürfen, um alle Spiele der WM in Mexiko 1986 live zu sehen. Nun bin ich in dem Alter, meinen eigenen Kindern so etwas zu verbieten, und schaue doch trotzdem kaum ein Spiel im Original, dass nach 20 Uhr angepfiffen wird. Der Festplattenrekorder wird programmiert und das Spiel am nächsten morgen in drei Minuten von Tor zu Tor durchgespielt. Spannung kommt da keine auf. Zum Public Viewing habe ich es auch noch nicht geschafft.
32 Mannschaften, die in fast fünf Wochen 64 Spiele austragen, sind mir einfach zu viele, um die WM-Freude über ein ganzes Turnier hinweg hochzuhalten. Und den Nachbarn geht es offenbar ähnlich.
Da ich Griechen in der Familie habe und am Dienstagabend ausnahmsweise mal nichts Besseres zu tun hatte, schaute ich mir dann doch mal das Spiel Griechenlands gegen die Kicker der Elfenbeinküste an. Und siehe da: Es wurde richtig aufregend. So aufregend, dass ich nach dem Siegtreffer von Georgios Samaras in der Nachspielzeit spontan kurz vor Mitternacht noch mal die Straße hinunterlief. Ich wollte dem Besitzer des griechischen Restaurants um die Ecke zum Achtelfinaleinzug gratulieren. Doch hatte er seinen Laden längst geschlossen. Keine Feier, keine Knaller. Das war dann doch etwas enttäuschend.
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